Dein Selbstbild im Alter: was tun, wenn es 20 Jahre jünger ist als du!

Ich hadere regelmässig mit meinem Selbstbild im Alter:

Jeden Donnerstag Abend ist es soweit. Ich schmeisse mich in meine bunten Leggings und die goldenen Turnschuhe und mache mich beschwingt auf den Weg zu meiner Zumba-Stunde.

Ich liebe das Tanzen, ich liebe Latino-Musik und da ich noch ein gewisses Bewegungstalent habe fällt es mir auch nie schwer, neue Tanzschritte und Kombinationen schnell zu lernen.

Und eben weil ich das mit der Technik ziemlich fix drauf hab, kann ich mich dann auch ausgiebig um meine Sexiness bei den Bewegungen kümmern und meine eigene Interpretation der Choreo ausbauen.

Nicht so wie manch andere Teilnehmer*innen, die sich auf Anhieb als Bewegungslegastheniker*innen zu erkennen geben und mich total irre machen, wenn sie genau neben mir ihre Anti-Talente auspacken.

Das bringt mich so durcheinander, dass auch ich plötzlich über meine eigenen Füsse stolpere.

Dabei würd ich echt gerne an meinem Hüftschwung arbeiten...ist ja nicht so, dass ich die Choreo nicht könnte...

Irgendwie war das auch früher schon immer so.

Als ich vor ein paar Jahren mit meinem Partner einen Tanzkurs besucht habe, hatte ich auch nie Probleme mir all die verschiedenen Figuren zu merken und auch immer korrekt zu tanzen.

Leider hatte mein Partner etwas mehr Mühe sich alle Schritte und die Reihenfolge zu merken.

Aus diesem Grund konnte ich mich auch nicht so um meine Performance kümmern und wir machten auf dem Parkett auch nicht gerade einen harmonischen Eindruck.

Wir haben das dann auch irgendwann aufgegeben, dabei war ich so gut.

Aber ich schweife ab - zurück zur Zumba-Stunde!

Und damit auch genug mit der Selbstbeweihräucherung!

Mein beschwingtes Gefühl und die Überzeugung, mein Hüftschwung kann ernsthaft mit dem von Jennifer Lopez konkurrieren, halten nämlich genau so lange an, bis ich im Tanzsaal stehe und die Musik anfängt.

Dank einer unvorteilhaften Spiegelwand in diesem Tanzsaal stehe ich nämlich plötzlich mir selber gegenüber - in meiner bunten Leggings und den goldenen Turnschuhen.

Gezwungenermassen schau ich mir also jetzt selber beim tanzen zu und bin maximal irritiert, weil meine Vorstellung von mir und meinem Können nicht wirklich mit dem zusammen passt, was ich da im Spiegel sehe.

Mein reales Ich und mein Selbstbild sind in diesem Moment anscheinend zwei verschiedene Personen, bzw. ich jetzt und ich vor 20 Jahren.

Tschüss Sexiness und Hüftschwung - Hallo Bewegungslegasthenikerin!

Selbstbild im Alter: Mann ohne Rhythmusgefühl nimmt an Tanzstunde teil.

Es kommt mir so vor, als gäbe es zwei unterschiedliche Versionen von mir: die, die ich bin und die, die ich gerne wäre.

Diese Feststellung begegnet mir in letzter Zeit nicht nur beim Zumba, sondern auch in anderen Lebensbereichen und ich habe dabei das Gefühl, ich kenne mich selber nicht mehr.

Ist dir das auch schon passiert? Kennst du diese Abweichung?

Na dann ist es höchste Zeit sich Gedanken zu machen, woher dieses bisherige Selbstbild, also die Version von dir aus deiner Vorstellung, eigentlich herkommt.

Und vor allem, wie du dein "So sehe ich mich"-Ich mit deinem "So bin ich wirklich-Ich" deckungsgleich bekommst.

Wie entsteht dein Selbstbild im Alter überhaupt?

Der Begriff Selbstbild beschreibt per se nicht mehr als die Vorstellung, die du von dir selbst hast.

Das ist erst mal weder gut noch schlecht und vor allem wandlungsfähig. Es kann nämlich jederzeit von dir angepasst werden!

Es ist auch erst einmal ziemlich subjektiv, da du dir das Bild ganz alleine in einem Kopf aufbaust. Ohne Einfluss oder Abgleich mit der Aussenwelt.

Du kannst dir vielleicht vorstellen, dass das unter diesen Umständen kein repräsentatives Ergebnis hervorbringen kann. Richtig, dieses Selbstbild ist nicht unbedingt korrekt und wahr - es beinhaltet viel Wunschdenken. Wie eben bei meinen Tanzkünsten vom Anfang.

Dein Selbstbild entsteht in der Kindheit und ist erst einmal geprägt von deinem Umfeld, also primär von Familie und Freunden. Sie vermitteln dir durch Rückmeldungen und Spiegelungen ein gewissen Bild von deiner Person, welches du zu dieser Zeit ungefragt annimmst und so eine Gefühl für dich selbst entwickelst.

Heutzutage haben auch die sozialen Medien einen erheblichen Anteil am "So sehe ich mich"-Ich -wer hätte es gedacht!

Dein Selbstbild ist eine Kombination aus bewussten und unbewussten Anteilen und wenn wir dieses Selbstbild nicht ab und an hinterfragen, haben wir grossflächige blinde Flecken bei dieser Wahrnehmung.

Wie du dich siehst, sagt viel darüber aus, was du dir zutraust, wie du dich einstufst und an was du vielleicht unnötigerweise festhältst.

Am Schluss hat es damit zu tun, wie gut du dich kennst - bzw. kennen möchtest.

Wie entwickelt sich dein Selbstbild im Alter?

Wird dein Selbstbild im Alter nicht automatisch realistischer?

Ganz und Gar nicht.

Du bist in deiner Lebensmitte so sehr mit dem Leben selbst beschäftigt, dass dir die bestehende Diskrepanz zwischen unserem Selbstbild und der Realität kaum auffällt.

Doch diesen blinden Fleck schleppst du unbewusst mit ins Alter und macht die das Leben schwer, weil du deine eigenen Erwartungen irgendwann nicht mehr erfüllen kannst.

Oder der Umgang mit den Menschen aus deinem Umfeld verbittert dich, weil sie dich nicht genau so wahrnehmen wie du dich in deiner Vorstellung siehst.

Dein Selbstbild altert also nicht automatisch gleichschnell wie du. Manchmal hängt das "So sehe ich mich - Ich" locker für Jahre in den 30ern fest und verpasst den Anschluss an die Entwicklung des "So bin ich wirklich - Ichs".

Es kommt sehr darauf an, wieviel Raum du der Realität in deinem Leben gibst.

Auch das viel diskutierte Thema Authentizität kommt hier auch ins Spiel.

Es stellt sich die Frage, wie echt du dich in deinem Leben fühlst und auch benimmst. Und wie authentisch dich dein Umfeld erlebt. Kennst du dein wirkliches Ich oder versteckst du es seit geraumer Zeit hinter deinem "So sehe ich mich - Ich"? Das Motto "Fake it till you Make it" hat an vielen Stellen seine Berechtigung, doch an dieser Stelle kann dich das ganz schön in die Bredoullie bringen.

Wird dein Handeln von äusseren Faktoren bestimmt oder wird es von anderen Personen mitentschieden?

Das mit der Realität und auch der Authentizität wird im Alter immer mehr zur Herausforderung, weil Älter werden in unserer Gesellschaft keinen guten Ruf hat. Älter werden wird gerne kaschiert - es soll keiner merken, dass man nicht mehr so kann wie mit 30 oder 40 und meist wollen es die Menschen selbst nicht merken.

Versteh mich an dieser Stelle nicht falsch. Das hier ist kein Plädoyer gegen Träume, Phantasien und Wünsche - ganz im Gegenteil. Es wird erst dann dazu, wenn die verschobene Wahrnehmung vom "So sehe ich mich - Ich" und dem "So bin ich wirklich - Ich" dein Wohlbefinden beeinträchtigt und dir im Alter die Lebensfreude nimmt.

Darum macht es Sinn von zeit zu Zeit Sinn, diese Ansichten zu überprüfen und mit den aktuellen Lebensumständen abzugleichen.

Im Verlauf deines Lebens haben sich deine Lebensumstände schon einige Male geändert und du hast dein Selbstbild auch schon mehrmals bewusst oder unbewusst angepasst.

Oder siehst du dich immer noch als die gleiche ehrgeizige Person, die du mit 20 warst? Oder hast du immer noch das Gefühl dich kann nichts auf der Welt erschüttern und du kannst mit jeder Situation souverän umgehen, so wie mit 30?

Nein? Glückwunsch! Denn das bedeutet, du hast schon einmal dein "So bin ich wirklich - Ich" an dein "So sehe ich mich - Ich" angepasst.

Du kannst das also nochmal...und nochmal...und nochmal....

Und das kannst auch nur du! Kein Anderer kann dir diesen Job abnehmen.

Was du dafür bekommst?

Freiheit und neue Möglichkeiten.

Denn spätestens im Alter musst du nichts mehr.

Du musst nicht mehr in Kleidergrösse 36 passen, du musst dich nicht mehr für deine Kinder verantwortlich fühlen und du musst dich nicht mehr für irgendjemanden verbiegen.

Nichts beschränkt mehr, als das Festhalten an falschen und veralteten Vorstellungen.

Also los, auf zur neuen Freiheit!

Was macht dir das Leben leichter?

Mit den folgenden 5 Schritten kannst du es schaffen und den Altersunterschied zwischen deinem "So sehe ich mich - Ich" und deinem "So bin ich wirklich - Ich" verkleinern.

#1 Identifiziere Realität und Wunsch

Setz dich hin und schreibe auf, welche Vorstellung du von dir hast:

Wie siehst du dich in deiner Rolle im Familienkonstrukt, im Job und in deinen Beziehungen?

Welche Talente hat dein "So sehe ich mich - Ich"?

Und gleichzeitig beobachtest du dich in unterschiedlichen realen Situationen.

Was denkst du, was fühlst du und wie reagierst du wirklich?

Dieser Schritt mag vielleicht nicht nicht sehr angenehm sein, denn meist merkt du bereits beim Aufschreiben der einzelnen Punkte, dass das IST hier nicht mit dem SOLL übereinstimmt.

Doch er ist notwendig und die Basis für alles weitere.

#2 Fragen, Fragen und nochmals Fragen

Beleuchte deine blinden Flecken und hinterfrage ganz genau die Entstehung deines "So sehe ich mich - Ichs".

Ist die Vorstellung deines "So bin ich wirklich - Ich" wahr?

Woher kommt dein "So sehe ich mich - Ich"?

Wem bringt es etwas, wenn du an deinem "So sehe ich mich - Ich" festhältst?

Vor was beschützt dich dein "So sehe ich mich - Ich"?

Kannst du an den beiden Versionen etwas ändern?

#3 Der Abgleich mit Aussen!

Hol dir die Rückmeldungen aus deinem Umfeld.

Frag die Menschen um dich herum wie sie dich in deinen verschiedenen Rollen erleben.

Umso mehr Menschen du frägst, umso vielfältiger wird der Strauss an äusseren Eindrücken und gibt dir eine genauere Idee, wer du bist.

Das schwierige an diesem Schritt ist auszuhalten, was dir die Anderen rückmelden. Denn das stimmt eventuell nicht immer mit deinen Vorstellungen überein und kann dich im ersten Moment irritieren oder enttäuschen und verletzen.

Doch es wird deinen Blick auf dich selbst schärfen, dir mehr Klarheit verschaffen und die Möglichkeit auf Veränderung erleichtern.

#4 Wer willst du sein?

Weisst du wirklich, wer du sein möchtest?

Möchtest du wirklich all das sein, was in deiner Vorstellung von dir wohnt?

Oder handelt es sich dabei eher um Überbleibsel aus einem vergangenen Lebensabschnitt, welche jetzt keine Gültigkeit mehr haben?

Vielleicht bist du ja inzwischen sogar zufrieden mit deinem momentanen realen "So bin ich wirklich - Ich".

Dieser Schritt erfordert Ehrlichkeit dir selber gegenüber, denn was auch immer das Ergebnis aus diesem Schritt ist, du solltest etwas damit tun.

Und auch das Loslassen von alten Vorstellungen ist ein Prozess und wird nicht von heute auf Morgen erledigt sein.

#5 Mach was!

Und zum Schluss die Kür - der Transfer deiner Vorstellung in die Realität.

Wenn du dich dazu entschieden hast, deinem aktuellen Selbstbild etwas näher zu kommen, dann vermeide, dass dein Entschluss als ein "NATO"-Ereignis endet...also als "No Action Talk Only"!

Es macht keinen Sinn, dir jetzt eine neue Version von dir nur auszudenken.

Du musst ins Handeln kommen.

Wenn du also einen Aspekt von deinem "So sehe ich mich - Ich" in dein reales "So bin ich wirklich - Ich" transportieren willst, dann überlege dir, was es dazu benötigt.

Such dir am Besten ein kleines Ziel, einen kleinen Wunsch und arbeite daran. Es geht um konkrete Verhaltensweisen, die du dir einrichten darfst.

Siehst du dein zukünftiges Ich z.B. als schlagfertigen Menschen? Dann überleg dir in welchen Situationen du gerne schlagfertiger wärst. Was würdest du sagen? Wie würdest du dich fühlen? Woran würdest du merken, dass du schlagfertiger bist als vorher? Gäbe es Reaktionen deines Umfelds?

Halte dir das immer wieder vor Augen und verbessere deine Kommunikation. Hier heisst es übern, üben, üben.

Und sobald du bei diesem Thema mit dir zufrieden bist, darfst du dich dem nächsten Bereich widmen.

Ein Schritt nach dem anderen!

RÉSUMÉ

Dich regelmässig mit deinem Selbstbild zu beschäftigen kann dir zu einer grossen Freiheit verhelfen.

Vor allem im Alter!

Allzu oft schleppen wir alte Ansprüche, Wünsche und Vorstellungen an uns selbst mit uns herum, so dass wir uns selbst unglücklich und manchmal auch ein bisschen lächerlich machen.

Das alte Selbstbild passt manchmal nicht mehr zu uns - es ist nicht mit uns erwachsen geworden.

Doch du hast alle Möglichkeiten der Welt, dich zu verändern.

Und im Alter hast du auch alles Recht dazu, die Person zu sein, die du möchtest.

Am Schluss sei noch gesagt, dass es gerne eine kleine Diskrepanz zwischen dem "So wäre ich gerne - Ich" und dem "So bin ich wirklich - Ich" geben darf.

Du musst dich nicht immer komplett realistisch wahrnehmen, ein bisschen Feenstaub darf die ganze Sache manchmal auch angenehm machen.

Problematisch wird es erst dann, wenn der Unterschied zwischen deinem Selbstbild und der Realität dich traurig macht oder sogar einschränkt.

Schreib mir gerne ob du dein "So wäre ich gerne - Ich " schon identifiziert hast und wie gross die Lücke zu deinem "So bin ich wirklich - Ich" ist.

Ich freue mich auch, dich auf deiner Reise zu unterstützen und die Lücke zwischen deinen beiden Ichs zu verkleinern.

Schreib mir einfach - trau dich!

kontakt@martinabraun.ch

Deine MidLife und GoldenAge Coachin

Martina

PS: folge mir gern auf Instagram: @martinabraun_official

ORIENTIERUNGSLOS MIT 40 – was uns plötzlich so verunsichert und warum wir es aushalten sollten!

Habt ihr den Film «American Beauty» gesehen?

Ich schon! Ich war gerade 18 Jahre alt, als der Film in die Kinos kam.

Da das Kino damals unsere Flucht von zu Hause bedeutete, spielte quasi keine Rolle, welcher Film gezeigt wurde, drum ab mit meinen Mädls ins Kleinstadtkino.

Da sassen wir also in den roten Samtsesseln mit der Tüte Popcorn auf dem Schoss und unsere Gesichter glühten rot, als sich der Protagonist Lester Burnham auf der Leinwand in der Dusche selbst befriedigt.

Es hat uns innerlich geschüttelt, als sich der 42-jährige Lester in die pubertierende Angela verliebt, ein Mädchen ungefähr in unserem Alter damals. Er zickte rum im Job, seine Familie ging ihm tierisch auf den Senkel und er kam mit sich selbst nicht mehr klar.

Die Anschaffung der roten Proletenkarre gab uns dann sowieso den Rest.

Nach 121 Minuten stolperten wie aus dem Kino und waren uns einig: Der Film war doof und wir brauchen jetzt ne Pizza»

Naja, wir Teenies dachten sowieso, dass sich die Alten grundsätzlich ganz schön peinlich aufführen, waren fest davon überzeugt, dass wir in dem Alter nicht so spiessig sein werden, und ausserdem war das ja eh noch ewig hin.

Und Bähm – nach gefühlt zwei Mal Schlafen war ich 40 und steckte in der gleichen Orientierungslosigkeit wie Lester und konnte den einen oder anderen Ausraster, Durchhänger und Verzweiflungsakt ziemlich gut nachvollziehen.

Wenn dir das bekannt vorkommt, dann heisse ich dich herzlich willkommen Club der Midlife-Geplagten.

Aber was – Midlife Crisis? Bei mir doch nicht!

Das trifft doch nur Männer wie Lester, die mit dunkler Sonnenbrille und Zigarre durch die Gegend kurven, die junge blonde Freundin auf dem Beifahrersitz des roten Pontiac Firebird und die Golfausrüstung im Kofferraum.

Ach echt?

Dann ist es jetzt vielleicht an der Zeit, die Mythen der Midlife-Crisis ins Licht der Realität zu zerren und ihr etwas Normalität zu verleihen.

Als es mich traf, wäre mir doch im Leben nie eingefallen, dass es sich hier und jetzt bei mir um die vielumwobene Midlife Crisis handelt.

Ich war kein Mann, noch nicht in den 50ern und war auch keine Top-Managerin in irgendeiner Bank – also safe.

Umso mehr verzweifelte ich an dem, was mich zu dieser Zeit so plagte.

Ich hatte plötzlich keine Lust mehr auf meinen Job und war auf Krawall gebürstet.

Mein Partner konnte mir kaum etwas Recht machen, denn mich langweilte unsere Partnerschaft und warum sich dann noch bemühen?

Alle Menschen um mich herum waren nur noch dämlich und ich wurde zur Kratzbürste.

Ich hatte das Bedürfnis, alles in meinem Leben auf den Kopf stellen zu müssen, doch ich wusste nicht Was und noch viel weniger Wie.

Ich hatte doch alles und hatte keinen Grund unzufrieden zu sein.

Über eine lange Zeit fühlte ich mich wie eine Handgranate, die bei der kleinsten Erschütterung explodiert. Ohne Rücksicht auf Verluste.

Das machte mir Angst, denn ich konnte meinen Zustand nicht erklären und fand keinen Ausweg.

Darum lass uns jetzt etwas genauer hinschauen, damit es dir nicht auch so geht. Auf geht’s!

WAS IST DENN JETZT DIESE MIDLIFE CRISIS?

Wie das Wort Midlife-Crisis schon sagt, handelt es sich um eine Krise in der Lebensmitte und gemäss breitem Konsens liegt diese Lebensmitte zwischen dem 40igsten und 60igsten Lebensjahr.

Es ist eine Krise, die keinem Muster folgt, sich nicht auf ein Geschlecht beschränkt und keine Rücksicht auf Befindlichkeiten und gute Vorsätze nimmt.

In dieser Phase sind wir beruflich gefestigt und haben die Familie mehr oder weniger im Griff und leben in gewohnten Strukturen.

Aber warum macht uns diese Struktur plötzlich so zu schaffen?

Weil wir plötzlich verstehen, dass wir einen Grossteil unseres Lebens bereits hinter uns haben.

Und das, obwohl wir uns noch so fühlen wie mit Mitte 20.

Wir bilanzieren unser Leben und merken, dass uns die Optionen ausgehen. Seit Jahren machen wir den gleichen Job, seit Jahren leben wir im gleichen Familienkonstrukt und verbringen unseren Urlaub jedes Jahr am gleichen Ort.

Es wird uns bewusst, was wir in den letzten Jahren alles NICHT gemacht haben für eben diesen Job, diese Familie und den Jahresurlaub, der uns jetzt so sinnlos vorkommt.

Das, was uns die letzten Jahre glücklich gemacht hat, oder zumindest nicht gestört hat, wird zur Last. Wir fühlen uns orientierungslos und das verwirrt uns, nachdem die vergangenen Jahre doch immer so klar waren.

Es gibt typische Themen und Veränderungen in unserem Midlife, die sich zu einem echten Krisenherd entwickeln können:

Unser Körper sieht nicht mehr so aus wie mit 20

Die körperlichen Veränderungen werden uns und unserem Umfeld langsam bewusst und wir merken, dass wir altern. Unsere Haut ist nicht mehr so straff, wir überlegen immer öfters doch den Aufzug zu nehmen anstatt der Treppen und im Vergleich mit unseren jüngeren Arbeitskollegen brauchen wir doppelt so lange bis wir den neuesten SocialMedia - Trend überhaupt verstehen, geschweige denn lustig finden.

Das geht übrigens allen Geschlechtern gleich und ist heutzutage kein reines Frauenthema mehr.

wir sind öfter auf Beerdigungen als auf Hochzeiten

Es kommt die Zeit, in der wir mit Verlusten konfrontiert werden. Das Sterben unserer Eltern, Tanten und Onkeln rückt immer näher und wir realisieren, dass auch wir irgendwann dran sind.

Zwar hoffentlich noch nicht so bald, doch wir fangen an öfter in «Jahre bis zur Pensionierung» zu denken und nicht mehr in «Jahre seit dem Abitur».

das IST passt nicht zum SOLL

Die Wünsche und Träume der Jugend werden mit der Realität verglichen und meist schneidet die Realität lausig ab dabei.

Wollten wir wirklich den langweiligen Bürojob, das Reihenhäuschen in der Vorstadt und den Thermomix im Küchenschrank? Was ist aus unserer Broadway-karriere und unserem Leben in einer Kommune geworden?

Diese Erkenntnis macht uns traurig oder lässt uns sogar verbittern. Manchmal fangen wir auch wieder an, dem Soll nachzurennen.

wir wollen so sein, wie wir wirklich sind

In unserer Phase der Orientierungslosigkeit kommen wir zu dem Schluss, dass unser Verhalten der letzten Jahre gar nicht unser wahres Ich zeigt.

Wir wurden durch äussere Umstände so «gemacht» und hatten keine andere Wahl. Wir tauschen die bestehende Geschlechterrollenorientierung gegen das, was uns zu diesem Zeitpunkt befreiend erscheint.

Dazu zählt nicht nur unser Verhalten, sondern manchmal auch sexuelle und genderspezifische Orientierung.

der Realismus hält Einzug

Mit 40 haben wir bereit die eine oder andere schwierige Situation durchlebt und mussten feststellen, dass das Leben nicht so rosig ist, wie wir als Kinder oder Jugendliche gedacht haben.

Unsere Eltern sind nicht auf ewig für unsere Sicherheit zuständig, das Familienheil ist nicht automatisch garantiert und die ewige Liebe ist eher unwahrscheinlich.

Family sucks

Die Kinder werden selbständig, ziehen aus und brauchen und wollen unsere Unterstützung nicht mehr. Unser*e Partner*in hat plötzlich neue Interessen und kümmert sich nur noch um sich selbst und unsere Eltern brauchen immer mehr Unterstützung.

Wir haben das Gefühl unsere eigenen Bedürfnisse kommen zu kurz und fühlen uns vernachlässigt oder sogar ausgenutzt.

WAS KOMMT NACH DER ORIENTIERUNGLOSKIGKEIT?

Manchmal tragen wir diese Orientierungslosigkeit ein paar Jahre mit uns herum. In einigen Fällen muss diese Orientierungslosigkeit erst zu einem BurnOut oder anderen körperlichen oder sozialen Auswirkungen führen, bevor wir genauer hinschauen.

Einige von euch kennen vielleicht die Bedürfnispyramide von Maslow.

Die beiden obersten Bedürfnisebenen, die Transzendenz und die Selbstverwirklichung, sind unsere Antreiber. Maslow nennt die beiden Ebenen Wachstumsbedürfnisse, die zeitlebens unstillbar bleiben.

Wir sind also permanent auf der Suche.

Diese Suche kann ein Gefühl der inneren Leere erzeugen und eine Sinnkrise kann entstehen. Wir haben das Gefühl, wir kommen nicht vom Fleck und es findet keine Veränderung zum Besseren statt.

Auf die Orientierungslosigkeit folgt die Phase der Neuorientierung. Nicht selten berichten Klient*innen von einem Gefühl, als müssten sie ihre alte Haut abstreifen um alles Bisherige hinter sich zu lassen und sich neu zu erfinden.

Ähnlich formuliert wird das von einigen Philosophen, sie sehen in dieser Phase den Drang danach, seine eigene zweite Existenz zu schaffen. Tun wir das nicht, geht uns der Sinn im Leben flöten und wir werden unzufrieden.

WAS SOLL ICH MIT MEINER KRISE ANFANGEN?

Sehr gute Frage!

Keiner von uns ist scharf auf eine Krise und unser Verhalten der Wahl ist meist Ignorieren oder Aussitzen. Doch wenn wir uns weiterentwickeln wollen, dann sollten wir eher folgendes tun:

Setz dich mit deinen bisherigen und zukünftigen Lebensentwürfen auseinander

Eine Sinnkrise muss nicht gleich dramatische Ausmasse annehmen, doch sie kann einen doch ganz schön beschäftigen.

Durch äussere Umstände oder selbst gewollt setzen wir uns mit unseren bisherigen und zukünftigen Lebensumständen auseinander. Wir erarbeiten unsere Lebensbiografie.

Dazu gehört nicht nur unser Arbeitsleben, sondern auch alle unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, unsere früheren Träume und Wünsche, unsere Glücksmomente und auch alle schweren Momente.

Nicht selten hat man in dieser Phase das Gefühl, sein Leben nicht selbst gelenkt zu haben, sondern man wurde gelebt.

Unsere Lebensbiografie zeigt uns oft auf, wieviel wir doch selbst entschieden und beeinflusst haben.

Doch auch die Neudefinition unserer eigenen Identität muss hier ihren Platz finden. Was will ich noch alles erleben? Was steckt noch in mir und darf gelebt werden?

Unsicherheit und Unbehagen aushalten

Die Auseinandersetzung mit unserem bisherigen Leben kann sich im ersten Moment ganz schön beschissen anfühlen. In der Phase der Orientierungslosigkeit kann einem die Rückschau auf das bisherige Leben absolut sinnlos und verschwendet vorkommen.

Doch auch das Erarbeiten unserer Zukunftsvorstellung ist nicht unbedingt einfach. Wie bereits erwähnt wird uns bewusst, dass unsere Möglichkeiten immer weniger werden, und wir müssen uns vielleicht bereits jetzt von einigen Lebensentwürfen verabschieden.

Diese Auseinandersetzung kann uns traurig machen und wir haben das Gefühl, für immer in einer Zwangsjacke gefangen zu sein und unser Leben zu verpassen.

Doch diese Auseinandersetzung ist unbedingt nötig. Es gibt keine Abkürzung, da müssen wir durch! Hier heisst es das Unbehagen und die Unsicherheit auszuhalten.

Hierbei hilft ein verständnisvolles Umfeld und vor allem unsere eigene Einstellung. Sind wir bereit, Veränderungen vorzunehmen, uns auf neue ungewohnte Wege zu begehen und einen Neuanfang wagen?

An dieser Stelle lohnt sich auf alle Fälle ein unterstützendes Coaching um die verschiedenen Optionen zu erarbeiten und die eigene Bereitschaft zu stärken.

Selbstwirksamkeit stärken

Wir können unser Leben und unser Glück durch unser Denken und Tun beeinflussen. Diese Erkenntnis geht uns manchmal im Eifer des Gefechtes verloren und wir müssen wieder daran erinnert werden.

Selbstwirksamkeit bedeutet, wir sind davon überzeugt durch unser eigenes Handeln Hindernisse überwinden zu können und unser Leben aktiv beeinflussen zu können.

Und unsere Selbstwirksamkeit können wir jederzeit stärken, indem wir uns Ziele setzen und verfolgen. Auf dem Weg zur Erreichung unserer Ziele lernen wir, was und wie unser Handeln unseren Weg beeinflusst- und ob uns die Richtung gefällt oder nicht.

Wir lernen, die Richtung zu selbständig zu ändern, ohne dass wir andere um Erlaubnis fragen müssen.

RESUMÉE UND AUSBLICK

Eine Krise in der Lebensmitte ist also alles andere als unüblich. Nicht alle erwischt es in den 40ern, doch ist es überhaupt nichts abnormales, in dieser Lebensphase mit seinem bisherigen und zukünftigen Leben zu hadern.

Auch wenn diese Krise das Leben für eine bestimmte Zeit richtig anstrengend machen kann, lohnt es sich, dass wir genau hinschauen. Denn es steckt enorm viel Potential in dieser Phase und das muss nicht automatisch bedeuten, dass wir unser ganzes Leben auf den Kopf stellen.

Die gute Nachricht bei der ganzen Thematik ist übrigens, dass unsere Zufriedenheit mit ungefähr 47 Jahren wieder ansteigt. Natürlich abhängig davon, was wir aus unserer Krise gelernt haben und welche Anpassungen wir in dieser Zeit vorgenommen haben.

Während meiner Krise hat mir sehr fest meine Coachin geholfen, die mich auf meinem Weg begleitet hat. Sie hat mir die Grenzen aufgezeigt, die ich mir selbst gesetzt hatte und mit mir den Weg über die gläserne Decke hinaus gezeigt.

Steckst du gerade in deiner Midlife-Crisis oder hast du sie vielleicht schon überwunden?

Erzähl mir doch von deinen Gefühlen und Strategien in dieser Phase.

Ich freu mich auf deine Kommentare!

kontakt@martinabraun.ch

WARUM ICH MICH SO SCHLECHT FÜR EIN COACHING ÜBERWINDEN KANN

Unser Schweinehund bremst uns im Lauf unseres Lebens bei ziemlich vielen Dingen aus. Er sorgt dafür, dass wir Dinge entweder gar nicht erst anfangen oder nach kurzer Zeit wieder schleifen lassen und bei alten Mustern verharren, obwohl wir uns doch so sehr nach einem besseren Leben sehnen.

In diesem Artikel möchte ich darüber reden, wie wir die anfängliche Hürde auf dem Weg ins Coaching von Anfang an erleichtern können und woran es liegt, dass wir manchmal so träge sind.

Kennst du die Grafik über den Verlauf unserer Motivation über das Jahr?

Das sieht bei den meisten ungefähr so aus:

Stimmt, oder? Dezember und Januar sind unsere vorsatzreichsten Monate voller Motivation, Überzeugung, und Wille. Gefolgt von 10 Monaten schlechtem Gewissen und der anhaltenden Sehnsucht nach dem besseren Leben, begleitet von völliger Überforderung, weil man gar nicht weiss, wie das geht oder das mit dem Durchhalten in einem vollgepackten Leben zu einer schier unlösbaren Aufgabe wird.

Zu jedem Jahresanfang spült es uns aufs Neue die zahlreichen Gebrauchsanweisungen für unser persönliches Veränderungswesen in unseren Feed, die uns zeigen, wie du deinen Schweinehund überwinden kannst; dazu gehören Dinge wie realistische und spezifische Ziele setzten, konkrete Terminplanung, Hindernisse aus dem Weg räumen.

Und hier geht’s schon los. Auf dem Sofa lesen sich die ganzen Motivationsreden fürs Umstellen der Ernährung, fürs Anfänger-Joggingprogramm oder die ultimative Liebesbeziehung fast wie von selbst und die Motivation all das auch umzusetzen ist riesig. Wir sind davon überzeugt, dass alles alleine mit Leichtigkeit zu schaffen - und dann wird’s Februar und unser Leben überrollt uns.

Zu diesem Zeitpunkt erinnern wir uns im Besten Fall an eine weitere Empfehlung aus der Anleitung zur Umsetzung aller guten Vorsätze.  Die effektivste Unterstützung bei der Realisierung deiner Sehnsüchte: einen Coach suchen!

Leider gehen hier die Schwierigkeiten dann auch wieder los, denn auch hier stellt sich unser Schweinehund in unseren Weg. Er gestaltet uns den Weg ins Coaching als einen regelrechten Ermüdungskampf. Obwohl wir unsere Ziele vor Augen haben und gewillt sind, uns Unterstützung zu holen, können wir uns nicht überwinden, einen Termin zu vereinbaren.

Doch bevor wir darüber reden, wie du es schaffst, trotz deinem hartnäckigen Schweinehund dir endlich die Hilfe eines Coachings zu gönnen und eventuell deinen Schweinehund sogar etwas kompromissbereiter zu machen, erst etwas Theorie, um zu verstehen, warum diese Hürde so hoch ist.

WAS STECKT HINTER UNSERER TRÄGHEIT?

Sind wir doch einfach nur faul, oder ist uns unser Ziel nicht wichtig genug?

Ja, manchmal ist es wohl das eins davon und manchmal sogar beides, doch hauptsächlich ist es beeinflusst durch unsere Biologie. Unser aller Gehirn ist von Grund auf faul und darauf ausgelegt, haushälterisch mit seinen Ressourcen umzugehen, also Energie zu sparen. Darum ist uns der Fahrstuhl näher als die Treppe, das Sofa verlockender als die Joggingschuhe und alte Gewohnheiten sympathischer als neue Verhaltensweisen.

Jedes neue Verhalten, dass wir erst erlernen und üben müssen, kostet Energie und das nicht zu knapp. Also alles nicht im Sinne unserer genetischen Programmierung.

Unser Gehirn macht also nichts freiwillig und verfällt schon in Schnappatmung, wenn wir nur darüber nachdenken, bestehende Routinen zu verändern und macht es uns daher mit der Umsetzung unserer Vorsätze ziemlich schwer.

Man weiss inzwischen, dass das Etablieren von neuen Gewohnheiten 66 Tage dauert. Und das heisst eben nicht, 66 Tage nur ans Joggen zu denken, sondern es auch 66 Tage lang zu machen. Erst dann steigen die Chancen, dass unser Gehirn sich davon überzeugen lässt, dass dies nun unser neues Hobby ist und zu uns gehört wie früher der lazy Sonntagmorgen.

Und was fürs Joggen gilt, gilt auch für alle anderen Veränderungen, es braucht Zeit und Durchhaltevermögen. Es braucht das Vertrauen in sich selbst, dass man es schaffen kann auch wenn es zäh wird und ein gewisses Urvertrauen, dass die Dinge tatsächlich gut ausgehen können, und dass wir sicher und geliebt sind, auch wenn wir vielleicht einmal Enttäuschungen erleben.

Jetzt sind neue Gewohnheiten, bei denen man eher schnell die gewünschte Veränderung sehen kann, besser einzuhalten. Also so Sachen wie eine straffere Figur, weniger Müdigkeit oder ein leichteres Lebensgefühl; Dinge, bei denen wir auch schnell Feedback von aussen erhalten.  

Arbeiten wir jedoch an Persönlichkeitsthemen wie z.B. einer klareren Kommunikation, einer positiveren Lebenseinstellung oder der Definition unseres Selbstwertes, kann das Durchhalten zur viel grösseren Herausforderung werden, denn hier merkt man Veränderungen eher erst auf den zweiten Blick und selten bekommt man dazu Rückmeldung von Aussenstehenden.

NA UND WAS HILFT DENN NUN BEIM DURCHHALTEN?

Und sowohl beim Sport, bei der Ernährung oder bei unseren Überzeugungen und Verhaltensmustern ist es erwiesen, dass wie länger durchhalten, wenn wir nicht allein sind. Die Unterstützung einer Gruppe oder allein schon von nur einer anderen Person lässt uns motiviert bleiben und ist erfolgversprechender.

Nun kann man sich beim Sport oder für eine bessere Ernährung ziemlich unkompliziert für Gruppentrainings oder Kochkurse anmelden und hat damit schon den gewünschten unterstützenden Effekt. Bei Persönlichkeitsarbeit ist das bei den meisten sehr wahrscheinlich ein bisschen anders.

In einer Gruppenstunde die mentalen Hosen herunterzulassen und über seine innersten Kämpfe zu sprechen ist wohl nicht unser aller erste Wahl. Dafür schätzen wir eher die verschwiegene Zweisamkeit mit sehr guten Freund*innen, Therapeut*innen oder Coaches.

Der Weg dorthin gestalten wir uns manchmal ganz schön schwer. Es fallen uns tausend Argumente ein, warum die Suche nach einem*r Coach*in jetzt gerade ganz unpassend ist und nicht in unser Konzept passt.

Hier eine Auflistung solcher Mindfucks, ohne Gewähr auf Vollständigkeit:

Na, kommt euch das bekannt vor? Ihr könnt beruhigt sein, wir ticken alle ähnlich und das ist völlig normal und ok. Also anerkennt an dieser Stelle kurz, dass ihr immerhin schon so weit seid, euch mit euren Bedürfnissen und der möglichen Hilfestellung durch ein Coaching auseinanderzusetzen.

UND WIE SUCHE ICH DENN JETZT EINE*N COACH*IN?

Den Weg ins Coaching muss man sich manchmal erst erarbeiten. Es geht darum, durch ausreichende Vorbereitung genügend Sicherheit im Voraus zu kreieren.

Bevor ihr also wieder alles hinwerft und euch nicht auf den Weg zu euren Sehnsüchten macht, beschäftigt euch mit den folgenden Punkten, dann ist der erste Schritt schon mal nicht so überfordernd:

Wie wichtig ist das Thema?

Wie wichtig ist euch euer Thema? Wie gross ist der Leidensdruck? Wie oft habt ich es schon allein versucht und seid nicht ans Ziel gekommen?

Der Gang ins Coaching wird extrem erleichtert, wenn man sich der Dringlichkeit seines Themas bewusst wird. Bei einem lauwarmen Wunsch nach Veränderung kommt niemand in die Gänge und die Argumente gegen ein Coaching, die wir uns selbst erzählen, machen sich breit und nisten sich ein.

Ist jedoch die Überzeugung und die Sehnsucht gross, sind wir offen für Hilfe und überlisten unser träges Gehirn leichter.

Setzt euch also mit eurem Thema auseinander und stellt euch mal folgende Fragen:

Wenn dabei herauskommt, dass ihr euch auf der Pain-Skala bei 10 befindet, ihr euch ohne das Thema so befreit und energiegeladen wie nie fühlen würdet und plötzlich eine neues Du möglich wäre, dass ihr mit Konfetti und Champagner begiessen würdet, wäre der Gang zum Coach sehr empfehlenswert.

Kommt im Gegenteil dazu heraus, dass ihr absolut keine Leidenschaft beim und für das Lösen des Themas entwickelt und es auf der Pain-Skala irgendwo unter 3 rangiert, dann lasst es eher bleiben. Nur dann werft das Thema auch auf den „Unwichtig“ – Stapel und verschwendet keine unnötige Energie mehr daran.

Ist es die richtige Person?

Bei dem riesigen Angebot an Coaches heutzutage, ist es essenziell, jemanden zu finden, mit dem man gerne ein Gespräch führt. Denn darum geht es am Schluss in einem Coaching, ums Reden. Und dass geht am einfachsten, wenn man dem*der Coach*in vertraut und es einem einfach gemacht wird, ungezwungen über seine Themen zu reden.

Sympathie ist hier ein sehr wichtiger Aspekt, den man nicht erzwingen oder ignorieren kann. Unsere Intuition lässt uns schon in den ersten Minuten spüren, ob wir mit der Person arbeiten können. Dies gilt in beide Richtungen, also genauso für den*die Coach*in. Wenn wir uns mit dem Klienten nicht wohl fühlen, spiegelt sich das in unserer Arbeit wider und wir arbeiten nicht so frei und gut, wie wir vielleicht könnten.

Bei der Auswahl des*der Coach*in kann auch die Art deines Themas eine Rolle spielen und es kann hilfreich sein, sich von jemandem begleiten zu lassen, der Erfahrung mit dem persönlichen Thema hat.

Grundsätzlich sollte ein*e gute*r Coach*in in der Lage sein, jedes Thema zu coachen und es ist nicht nötig, dass der*die Coach*in selbst vom Thema betroffen war, (das ist manchmal sogar eher weniger zielführend) oder dass er*sie eine Vielzahl an Klient*innen zu genau einem Thema betreut. Hier gilt der Grundsatz, dass jede*r Klient*in anders ist und dass das vordergründig gleiche Thema auch immer anders verankert ist.

Der Vorteil von spezialisierten Coach*innen ist auf jeden Fall, die Erfahrung im Umgang mit den themenspezifischen Tools, die bei der Prozessbegleitung angewendet werden können.

Darum nutzt Möglichkeiten wie Auftritte in den sozialen Medien, Homepage, Testimonials um mehr über die coachende Person herauszufinden und einen ersten Eindruck von ihm*ihr und deren Arbeit zu bekommen.

Und wenn die zwischenmenschliche Ebene oder der Coachingansatz am Ende doch nicht passt, kann man das kommunizieren und mit gegenseitiger Wertschätzung für das bereits erfahrene, die weitere Zusammenarbeit beenden – so wie Erwachsene das eben tun!

Was ist das richtige Setting?

Welche Rahmenbedingungen sind bei euch für ein gutes Gespräch nötig? Ein Coaching kann rein technisch gesehen auf unterschiedliche Arten gemacht werden, es gibt keine fixen oder unbedingt notwendigen äusseren Bedingungen.

Wichtig an dieser Stelle ist, ein empathischer und wertschätzender Coach richtet sich hier nach euch, nicht andersherum!

Ein Coaching kann in einer Praxis stattfinden, man kann ein Coaching in der Natur durchführen, es geht online über den PC oder sogar telefonisch. Es gibt 1:1 Coachings, Gruppencoachings, Memberships oder sogar WhatsApp-Begleitungen.

Je nach Typ und Veranlagung kommen für euch andere Bedingungen in Frage, also spürt in euch hinein und findet heraus, wie ihr anfangen möchtet.

Wenn also zum Beispiel euer*eure Lieblings-coach*in hunderte von Kilometern weit weg ist, dann zwing dich nicht, die anstrengende Anreise auf dich zu nehmen, sondern frag nach einem Online-Setting.

Wie regle ich die finanzielle Seite?

Ja, auch Coaches möchten von Ihrem Job leben können und die seriösen unter uns investieren im Lauf ihres Schaffens auch immer wieder in ihre eigene Ausbildung und Weiterentwicklung.

Ein Coaching kostet also, doch hier kann man nicht generell sagen, was viel kostet, hilft auch sicher. Bei der Kostenstruktur von Coachingangeboten gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten, hier solltest du ganz klar auf deine finanziellen Möglichkeiten achten.

Und nochmal, nur weil ein*e Coach*in hohe Preise verlangt, heisst das nicht, dass er*sie die Beste auf dem Markt oder für euere Anliegen ist. Deren Marketing funktioniert einfach besser als bei anderen.

Viele Coach*innen bieten auch einen grossen kostenlosen Mehrwert auf den sozialen Medien, über Newsletter oder sogenannte Freebies auf ihrer Homepage. Es lohnt sich dieses Angebot zu nutzen, denn auch damit kann schon viel erreicht werden.

In manchen Fällen kann es sich auch lohnen, bei Ämtern wie dem Arbeitsamt, dem Sozialamt oder z.B. der Krankentaggeldversicherung nachzufragen, ob unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten ganz oder teilweise übernommen werden. Es gibt sogar Coaches auf dem Schweizer Markt, die krankenkassenanerkannt sind und damit die Kosten gemäss der entsprechenden Versicherungsvariante übernommen werden.

Und damit wäre die erste Hürde schon genommen. Ihr habt euch nämlich schon durch das Lesen meines Blogartikels und das Auseinandersetzen mit den erwähnten Aspekten mit dem Thema Coaching vertrauter gemacht und eurem Gehirn dabei geholfen, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Es ist nicht mehr überrascht, wenn es nun mehr und mehr mit dem Thema in Berührung kommt und ist schon vorbereitet.

Und last but not least gilt hier wie überall: There is only one way to find out!

Unser Erfolg kommt vom Tun, denn wir können unser Leben nicht denken, wir müssen es erleben. Lasst euch nicht von eurem Gehirn bestimmen, seid ihr die Erwachsenen in eurem eigenen Leben.

Tja und vielleicht habt ihr ja Lust herauszufinden, ob wir uns sympathisch sind und ihr mit mir arbeiten möchtet. Schaut doch auf meinem Insta-Kanal vorbei (martinabraun_official) oder schaut euch meine Homepage an (www.martinabraun.ch).

Ich freu mich auf euch!

WARUM ICH MEINEN KÖRPER AUCH MAL SCHEISSE FINDEN DARF…

Gewagte Aussage, oder? Irritiert dich das Statement oder hörst du gerade ein leises „Ja genau!“ in deinem Kopf? Ob so oder so, bleib dran und finde heraus, warum der Satz eine wirklich befreiende Wirkung haben kann und wie auch du soweit kommen kannst.

Ich sitze vor einem Karton voller Bilder aus meiner Vergangenheit. Genau die Art von Karton, die es wahrscheinlich in jedem Haushalt in irgendeiner Form gibt, voll mit alten Erinnerungen in gedruckter Form. Der Anlass dafür ist eine Aufgabe meiner Therapeutin, bei der ich mich mit verschiedensten Aspekten meiner Vergangenheit auseinandersetzen soll und da hilft mir am besten als das Eintauchen in alte Erinnerungen.

Also wälze ich zahlreichen Bilder und springe zurück in fast vergessene Ereignisse - Geburtstagsfeiern meiner Schulzeit, wilde Partys mit lauter Musik in unserem Jugendzentrum, Tanzkurs - Abschlussball, Abiturfeier, Szenen aus dem Studium und diverse Firmenfeste. Beim Schwelgen in Erinnerungen fällt mir auf, dass die Bilder immer wieder ein anderes Ich zeigen. Mein optisches Erscheinungsbild hat sich in den letzten 42 Jahren immer wieder verändert. Frisur, Körperfülle oder Kleidungstil, ich habe viel ausprobiert und vieles wieder aufgegeben. Doch mir fällt auf, dass alle Bilder eines gemein haben, nämlich das Gefühl, mich in keiner Lebensphase in meinem Körper richtig wohlgefühlt zu haben. Zu jeder Zeit fand ich etwas an mir, dass ich nicht mochte und bekämpfte.

DIE MÄCHTIGE VIELZAHL AN MEINUNGEN?

Heutzutage kann es schnell passieren, dass man wie ein Spielball zwischen den verschiedenen Bewegungen des Körperbewusstseins hin und her geschubst wird. Mit jedem Blick in die sozialen Medien werden wir überschwemmt mit Statements zu Body-Positivity, Body-Neutrality, Intuitivem Essen, „What I eat in a day“ Videos und Tipps von Fitnessgurus, um unserem Bauchfett an den Kragen zu gehen. Eigentlich ist jedem von uns bewusst, dass diese Trends davon leben, uns unsere Aufmerksamkeit und Likes zu stehlen, doch insgeheim hoffen wir alle darauf, endlich das Mittel zu finden, dass unsere ewige Unzufriedenheit auf mühelose Art und Weise verschwinden lässt. Und so fand jede diese Bewegungen zu einem bestimmten Zeitpunkt auch in meinem Leben Gehör und bekam eine temporäre Daseinsberechtigung.

Also stand ich in meinem Schlafzimmer nackt vor dem Spiegel und hab versucht meinen Körper bedingungslos zu lieben. Doch was ist passiert? Ich fühlte mich gestresst und unter Druck gesetzt! Nach jahrelangem Hadern mit meinem Körper sollte ich ihm plötzlich bedingungslose Liebe und Akzeptanz entgegenzubringen? Chancenlos! Den wohltuenden Grundsatz der Body-Positivity Bewegung konnte ich nicht für mich gelten lassen. Dass das Bewerten und Diskriminieren von Körpern in jeglicher Art unangebracht ist und alle Körper wertvoll und schön sind, wie sie sind, kann ich für alle gelten lassen, nur nicht für mich. Ich inspizierte mich und fragte mich, warum die anderen das Hinkriegen nur ich nicht. Ich fühlte mich aus der Body -Positivity - Community buchstäblich ausgegrenzt.

Als nächstes versuchte ich meinen Körper als gegeben anzunehmen, so wie er ist, ohne ihm dabei gesteigerte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Doch wenn man bedenkt, wie wichtig das Aussehen im gesellschaftlichen Zusammenhang nun einmal immer noch ist, wird das eine schier unlösbare Aufgabe. Fühl dich doch mal body-neutral, wenn du in einem Klamottenladen vergeblich nach der geilen Bluse suchst, die die Schaufensterpuppe mit dem unrealistischen Körperbau in Grösse XXS zur Schau stellt, nur eben halt in Grösse 42. Und auf Nachfrage beim Store Manager bekommst du zu hören, dass es die Philosophie des Ladens ist, alle Kleider nur bis Grösse 38 auszustellen und die grösseren Grössen nur auf Nachfrage rauszugeben. Da bekommt Body-Neutrality doch ziemlich schnell einen faden Beigeschmack und man hat den Eindruck, dieses Konzept gilt nur für die unter uns, die nicht durch die Beauty-Schablone unserer Gesellschaft passen. Also erwies sich auch dieses Konzept bei mir als chancenlos, ich wollte zwar unbedingt dazugehören, meine Bemühungen reichten aber nicht aus. Wieder hatte ich das Gefühl etwas nicht auf die Reihe zu kriegen, was sich doch eigentlich so einfach anhört.

Die Ausflüge in die Fitnesswelt waren die für mich logische Konsequenz daraus. Über Wochen und manchmal sogar Monaten quälte ich mich ins Fitnessstudio, peitschte mich durch HIT-Intervalle und motivierte mich am Sonntagmorgen um 7 Uhr in die Joggingschuhe. Für eine gewisse Zeit ging das auch immer gut, doch irgendwann war keine Kraft mehr da fürs Motivieren. Das Ganze schlug manchmal sogar um in Selbstvorwürfe und ich hatte eine ziemlich schlechte Meinung von mir und meiner Disziplin. Ich fühlte mich wie ein schwaches Würstchen, dem die Tür zum Club der Schönen und Fitten vor der Nase zugeschlagen wurde.

Und dann kam noch das Thema des intuitiven Essens. Das Konzept erschien mir wie die Lösung für alle meine Kämpfe. Hör auf deinen Körper und lerne wieder bewusst zu essen. Doch für mich hatte dieser Plan mehr mit Disziplin zu tun als ich erwartet hatte, denn man muss mit der plötzlichen Freiheit umgehen lernen, alles essen zu dürfen auf was man Lust hat. Ich hatte wirklich Schwierigkeiten damit, meinem Gehirn klarzumachen, dass nur ein einzelnes Toffifee die gleichen Glücksgefühle auslöst wie die komplette Packung. Und ja, ich habe mich in dieser Zeit sehr mit meinen Emotionen bezogen aufs Essen auseinandergesetzt und dadurch viel über meine Beweggründe gelernt. Leider hinterliess es keine nachhaltigen Veränderungen bei meinem Essverhalten. Ich verstand zwar meinen Körper und meine Gedanken besser, doch meinen Frieden fand ich immer noch nicht.

UND WAS BLEIBT FÜR MICH?

Wenn man älter wird, kommen zum Thema Körperfülle dann noch eine ganze Reihe anderer körperlicher Themen dazu. Da beschäftigt man sich mit Aspekten wie jung oder alt, straff oder faltig, behaart oder glatt, muskulös oder mager. Und bei jedem dieser Aspekte bekommt man das Gefühl, sich für eines der Lager entscheiden zu müssen. Doch der Weg zu dieser Entscheidung ist ein Spiessrutenlauf, denn es gibt dabei zahlreiche gesellschaftliche Regeln zu beachten. Ist euch schon aufgefallen, dass man dabei fast keine Chance hat sich nicht Irgendjemanden zum Feind zu machen? Für jeden Aspekt gibt es plötzlich selbsternannte Experten, die sich ungefragt einmischen und dich missionieren wollen.

All das hat mich in den letzten Jahren ziemlich beschäftigt. Mit jedem neuen Konzept hatte ich die Hoffnung, endlich die positive Einstellung zu meinem Körper zu finden und war jedes Mal wieder enttäuscht, wenn es nicht funktionierte. Mein ständiger Begleiter dabei: die Packung Toffifee und jede Menge neuer und alter Selbstzweifel.

Tja und wie sieht‘s inzwischen aus? Ich kann euch nicht berichten, dass es den einen Moment der Erleuchtung für mich gab, seitdem ich zu mir selbst stehe, egal was passiert. Doch ich kann sagen, dass irgendwann der Moment kam, wo ich keine Lust mehr darauf hatte, mich zu verstellen um auf Teufel komm raus in irgendwelche Konzepte zu passen. Ich entschied mich dafür, dass es für mich absolut ok ist mit meinem Körper nicht immer im Reinen zu sein. Alles andere ist mir nämlich viel zu anstrengend!

Ich führe immer noch meinen Kampf mit meinem Äusseren, doch ich will diesen Kampf nicht mehr verstecken. Es gibt Zeiten, in denen ich mich jeden Morgen auf die Waage stelle, nur um festzustellen, dass es immer noch genauso viel Kilo sind wie am Tag vorher. Ich erledige regelmässig meine Sporteinheiten, denn Bewegung ist unabdingbar egal in welchem Alter – und ich hasse es! Ab und zu starte ich auch immer wieder mal einen Versuch, so ein Bleib Dran - Vollmotivationsprogramm durchzuziehen und verurteile mich dann kurz dafür, wenn das mit dem Dranbleiben halt auch wieder nur zwei Wochen anhält. Doch das ist ok. Genauso ok wie die Tatsache, dass ich an den meisten Tagen meine Kalorien zähle, um nicht unkontrolliert alles in mich reinzustopfen. Sollte es dann doch mal Ausnahmen geben, ist es so! Ich ärgere mich kurz, schlepp mich aufs Laufband und geh anschliessend Salat kaufen.

Ach ja, und wenn ich mich demnächst nicht mehr mit meinen Krähenfüssen arrangieren kann, wende ich mich vertrauensvoll an meine Kosmetikerin, um mir alles über die Möglichkeiten mit Botox und Hyaluron erzählen zu lassen.

Jetzt zurück zum Statement vom Anfang des Artikels, warum ich meinen Körper auch mal Scheisse finden darf. Ganz einfach: weil es Deiner ist! Und es ist deine Entscheidung! Deine Entscheidung, dich nicht mit Bestehendem arrangieren zu müssen, deine Entscheidung, den Kampf mit dir austragen zu dürfen und das jeden Tag aufs Neue, wenn es sein muss. Deine Entscheidung, deinen Körper auch mal Scheisse finden zu dürfen und nichts unter dem Deckmantel der gesellschaftlichen Auffassung schön reden zu müssen.

DER WEG ZU MEINER ÜBERZEUGUNG

Doch auch das geht nicht einfach so und braucht einiges an Mut, um sich von eigenen und fremden Erwartungshaltungen zu befreien. Ich weiss, dass ich nicht die Einzige bin, die diesen Kampf mit sich austrägt, daher hier ein paar Anregungen, um dir den Weg zu erleichtern:

Mach dir mal bewusst, was du so den lieben langen Tag über dich denkst. Schreib auf, was du von deinem Körper hältst, wie du glaubst mit ihm umgehen zu müssen, wie du ihn gerne hättest und was du glaubst, dafür tun zu müssen. Überlege auch ob das tatsächlich deine eigenen Gedanken sind. Denn nur wenn wir unsere Gedanken kennen, können wir sie ändern. Schaffe Fakten und hole dir das dumpfe und unfassbare Gefühl in die Realität und wichtig: nimm es an. Drück die Erkenntnisse nicht weg, sondern gewöhn dich an sie. Erarbeite dir Strategien, um mit diesen Gefühlen umgehen zu können, denn Meckern gilt nicht!

Verheimliche deine Einstellung nicht und zeige Haltung. Damit meine ich nicht, dass du deine Weisheiten laut in die Welt posaunen musst, doch wenn es in einem Gespräch mal wieder um das Thema Körperoptimierung geht, dann steh zu deiner Überzeugung. Lass dir nicht die Meinung anderer überstülpen, nur weil du die Diskussion scheust. Ein Vorteil dabei ist auch, dass du dich nicht nur vor anderen positionierst, sondern je öfter du es laut aussprichst umso mehr glaubst du dir selbst. Wie wäre es mit einer geplanten Offensive in Form einer „Komplex-Party“? Ein Shot auf jeden Komplex, den wir mit uns herumtragen und die sich mit denen unserer Kollegen decken.

...und zwar so oft wie möglich. Ob vor dem Spiegel, in der Sauna, beim FKK oder Sex, je öfter desto besser. Auch wenn es im Lachanfall endet, mit der Wiederholung verliert das Nacktsein an Schrecken und die Perfektion an Bedeutung. Und warum ist das so? Weil man dabei mit der Realität konfrontiert wird, die uns zeigt, dass wir meist viel zu streng mit uns sind und die meisten Menschen eh mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten beschäftigt sind. Und wenn es danach immer noch Botox braucht, dann ist es eben so!

Ja, wir müssen noch kurz übers Scheitern reden. Denn das spielt bei diesem Thema auch eine Rolle. Wir scheitern daran, die Kontinuität aufzubringen um unsere Ernährung umzustellen, die Sporteinheiten mit der nötigen Intensität durchzuziehen und - für mich persönlich viel schlimmer – wieder einmal vor mir selbst nicht bestanden zu haben. Das hat aber alles nichts mit unserem Körper zu tun, sondern mit der Auffassung von uns und anderen, wie der aussehen sollte und wie wir über ihn denken sollten. Scheitern begleitet uns durchs ganze Leben und die wenigstens haben gelernt, wie man damit umgeht. Wir alle scheitern und das Beste, was uns vor davor schützt, sind realistische Zielsetzungen und Wünsche. Also mach dir klar, ob das zwanghafte Liebhaben deines Körpers oder das tägliche Auspowern im Gym wirklich das ist, was du willst. Oder könntest du deine Energie für sinnvolleres einsetzen? Die Welt retten zum Beispiel?

Wichtiger Hinweis am Schluss: Es gibt Menschen, die der Glaube daran nicht schön genug zu sein regelrecht lähmt und ihr Leben sehr einschränkt. Das kann dazu führen, dass man das Haus nicht mehr verlassen will und depressive Stimmungen erfährt. Diese Störung nennt man Dysmorphophobie und sollte unbedingt therapeutisch begleitet werden.

Für alle anderen gilt, lass es zu, dass du dein Erscheinungsbild auch mal Scheisse findest. Das ist völlig ok! Und lass dich am besten bei dem Thema begleiten, denn allein fallen wir nur zu oft zurück in alte Muster!

Erzähl mir deine Geschichte! Ich freue mich mit dir zu arbeiten.

Wie ist deine Haltung zu deinem Körper? Hast du Fragen oder Anmerkungen? Dann schreib mir deine Geschichte in den Kommentaren oder per Mail unter kontakt@martinabraun.ch

Ich freu mich auf dich!

KINDERFREI GLÜCKLICH – ZUM POSITIVEN SCHICKSAL IN 4 SCHRITTEN

Ich laufe durch den Supermarkt und bemerke eine Mutter mit ihren zwei Jungs und ihr Umgang miteinander ist nicht gerade von der entspannten Sorte. Die Jungs aufgedreht und laut, mit dem Einkaufswagen durch die Gänge flitzend und sich gegenseitig ärgernd, die Mutter im Gegenzug sichtlich genervt, zischt der Bande unheilbeschwörende Kommandos zu und versucht sie durch Einschüchterung zur Raison zu bringen, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Mein Versuch, der Truppe aus dem Weg zu gehen um nicht als neugierige Verfolgerin abgestempelt zu werden, scheitert kläglich. Ich will nicht hinschauen, es ist mir aber fast unmöglich, die Szene zu ignorieren und so streifen wir ungewollt zusammen durch die Gänge.

In solchen Momenten ertappe ich mich bei dem Gedanken, wie froh ich bin, keine Kinder zu haben. Unfair, ich weiss, denn ich hoffe das Leben dieser Mutter besteht auch aus schöneren Momenten als dem gerade im Supermarkt. Doch ich kann mir nur anhand ihres Gesichtsausdrucks und ihrer Haltung ausmalen, wie es Ihr gerade damit geht und kann mir erst recht nicht vorstellen, dass ich geduldiger und ausgeglichener wäre in dieser Situation.

Es breitet sich in mir ein Gefühl des Unbehagens und Unverständnisses aus, weil ich nicht verstehen kann, warum man sich so etwas freiwillig antun kann. Ich weiss nicht, warum sich heutzutage so viele Frauen immer noch auf diesen Weg einlassen. Warum wird das Lebensmodell „Familie mit Kindern“ in unserer Gesellschaft immer noch als Standard angesehen und von Frauen sogar erwartet, sich diskussionslos oder zumindest kompromissbereit für diesen Stress zu entscheiden?

Und genau hier ertappe ich mich beim Gedanken, wie einseitig und unfair meine Meinung ist. Es ist ein subjektiver Rundumschlag für alle Mütter und Väter, den ich mir sofort verbiete, weil man das ja nicht macht. Ich habe gelernt, die Institution der Familie mit all Ihren schönen, aber auch unschönen Seiten als unantastbar anzusehen und Toleranz in allen Belangen walten zu lassen. Doch erleben wir Kinderlosen genauso einen Rundumschlag nicht bei jeder Gelegenheit?

WERDEN DIE KINDERLOSEN AUCH VERSTANDEN?

Wie stehts um die Toleranz für uns, die kinderfreie Gegenseite? Später am Abend an diesem Tag beschäftigt mich der Gedanke, ob eigentlich uns kinderfreien Frauen und Paaren das gleiche Verständnis entgegengebracht wird. Bekommen wir die Akzeptanz oder zumindest das Verständnis, die von den Familien immer gefordert wird? Bei der Recherche zu diesem Artikel tauche ich in diverse Foren im Internet ein und - Holla die Waldfee – da will man sich nicht eine Minute zu lange damit beschäftigen. In Threads, in denen jemand sich traut, das Thema Kinderfreiheit anzusprechen, wird den Verfassern die volle Breitseite verpasst. Akzeptanz und Verständnis sind nicht zu finden, dafür meist ein regelrechter Shitstorm, der sich über die Verfasser ergiesst. Alle bekannten Vorurteile von Egoismus über Kaltherzigkeit, Einsamkeit im Alter und kein Verständnis für den Sinn des Lebens und jegliche Färbungen davon werden vorgebracht.

Dank der wachsenden Offenheit immer mehr Müttern, die nicht nur die Klischees der heilen Familienwelt in den Medien darzustellen, sondern auch über die anstrengenden Momente der Erziehungsarbeit und sogar Momente der Reue reden, wäre doch eigentlich zu hoffen, dass unsere Gesellschaft differenzierter mit diesem Thema umgeht. Differenzierter bedeutet an dieser Stelle nicht nur mehr Toleranz gegenüber ehrlichen Müttern, sondern auch mehr Akzeptanz gegenüber Frauen, die sich bewusst oder auch unbewusst gegen eine Mutterschaft entschieden haben.

Die gesellschaftliche Scheinheiligkeit an dieser Sache ist, dass trotz dem Bewusstsein aller Schwierigkeiten, Anstrengungen und Frustrationen als Mutter, diese stillschweigend als gegebenen Bestandteil dieses Deals abgenickt und heruntergespielt werden und dafür mit voller Kraft auf die Frauen gefeuert wird, die sich dazu entschieden haben, diesem Lebensmodell nicht zu folgen. Egal aus welchen Gründen!

Je nach Beweggrund für diese Entscheidung fällt das Feuer immerhin noch unterschiedlich stark aus. Liegt der Ursache der Kinderlosigkeit ein medizinischer Umstand zugrunde, kann man meist entgegengebrachtem Bedauern rechnen da ja die Absicht der Familiengründung vorhanden war, jedoch die Natur es nicht zulässt.

Schon viel weniger Verständnis bekommen die Frauen unter uns, die sich aktiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben und sich nach dem Erstellen einer detaillierten Pro- und Kontraliste dazu entschlossen haben, ihrer Karriere eine höhere Priorität einzuräumen. Also das Kinderkriegen sozusagen für die Karriere „geopfert“ haben. Und ja, der Ausdruck des Opfers in diesem Zusammenhang soll ausdrücken, dass wir Frauen etwas, was als Essenz unserer Bestimmung angesehen wird zugunsten einer weniger wertvollen Sache hingeben, auch wenn es nicht leichtfällt.

Und dann gibt es Frauen wie mich und ich bin überzeugt davon, dass ich nicht die Einzige bin. In mir schlummerte nie der innige Wunsch Kinder zu bekommen, doch auch keine grundlegende Ablehnung. Ich habe mich nie explizit mit dem Thema auseinandergesetzt, es hat sich wohl einfach ergeben, ein kinderfreies Leben zu führen.

Mein Leben hatte eine großartige Eigendynamik und verging in solch einem Tempo, dass das Thema Kinder es zwar immer wieder auf die Beziehungsagenda geschafft hat, jedoch nie an erheblicher Priorisierung gewann. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass es nicht auch Zeiten gab, in denen mich das Thema intensiver beschäftigt hätte als normal, doch unter dem Strich blieb es ein Thema unter vielen in meinem Leben. Bis heute habe ich mich nicht explizit gegen Kinder entschieden, sondern das Kinderkriegen einfach nie als etwas empfunden, was mich und meine Person ausmachen und was so wichtig wäre, dass ich mich unbedingt dafür oder dagegen entscheiden muss.

Doch diese Haltung wird in unserer Gesellschaft schwer verstanden. Man wird in die Schublade der „sozialen Querulanten“ gesteckt, aus der es fast unmöglich ist wieder herauszukommen. Dabei handelt es sich nicht nur um das subjektive Erleben Einzelner, es gibt auch Erkenntnisse aus der Sozialforschung dazu.   

GIBT’S DAZU WAS OFFIZIELLES?

Eine Studie der Dualen Hochschule in Gera zum Thema bewusste Kinderlosigkeit hat unter anderem gezeigt, dass gesellschaftliche Vorurteile gegenüber diesen Frauen immer noch sehr weit verbreitet sind. Da halten sich Überzeugungen, dass kinderfreie Frauen nur in wilden Beziehungen leben oder einfach gar nicht beziehungsfähig sind. Die Studie hat jedoch gezeigt, dass 80 Prozent der absichtlich kinderlosen Frauen glückliche Beziehungen leben.

Zudem gibt es einen wichtigen gesellschaftlichen Aspekt:

Die kinderlose Frau reiht sich nicht in die gewohnte Gesellschaftsstruktur ein und erfüllt nicht die vorherrschende Erwartung in Bezug auf die ihr zugesprochenen Rolle. Damit bricht sie ein Tabu und macht sich unlesbar für unsere patriarchalischen Strukturen, was den Grossteil unserer Mitmenschen ziemlich verunsichern kann. Auch das Klischee der egoistischen Karrierefrau hält sich immer noch vehement, wobei hierbei grundsätzlich ignoriert wird, dass die Geburt eines Kindes für die Karriere einer Frau nur Nachteile mit sich bringt. Es gibt nur ein „Entweder“ mit vielen Abstrichen und faulen Kompromissen oder ein „Oder“ voller haltloser Vorurteile.

WARUM KRÄNKT UNS DAS SO?

Ich traue mich zu sagen, dass ich mein Leben ohne Kinder geniesse. Die finanzielle Freiheit, die Freiheit nur für mich verantwortlich zu sein und meine Zeit frei einteilen zu können. So weit so gut, wenn da nicht das Umfeld wäre. Und mit Umfeld meine ich nicht nur die engere Familie, die mit Vorliebe an gemeinsamen Festivitäten regelmässig die Kinder-Frage wie eine Bombe ins Buffet fallen lässt. Nein, ich meine damit auch beliebige Menschen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, die sich plötzlich und vor allem ungefragt mit mir und meiner Familienplanung auseinandersetzten.

Tja und an diesem Punkt kann man sich dann entscheiden entweder alle Geschütze aufzufahren und seine Position ausführlich und mit Nachdruck zu erklären oder man versucht seine Antwort knapp zu halten und schnellstmöglich das Thema zu wechseln. Ich bin regelmässig in beide Fallen getappt, hab mich wortreich verteidigt oder aber mich mit einer ausweichenden Antwort aus der Affäre gezogen. Doch egal wie, jedes Mal blieb eine innere Verletztheit und das Gefühl, weniger normal zu sein als andere.

Ganz zu schweigen davon, dass man das sich in vielen Situationen vorkommt wie ein Alien weil man z.B. die Einzige in einer Runde von Freundinnen zu sein scheint, die nicht das Bedürfnis hat das Neugeborene der Freundin unbedingt endlos im Arm halten zu dürfen.  Man fühlt sich falsch, unverstanden, angegriffen und von oben herab behandelt. Wir suchen nach einem Signal von aussen, dass wir wahrgenommen und akzeptiert werden. Soziale Kontakte sind ein Grundbedürfnis von uns Menschen und das Gefühl der Zugehörigkeit entsteht dann, wenn wir positive Signale aus einer Gruppe wahrnehmen. Wir brauchen den Eindruck von gemeinsamen Zielen, das Gefühl, dass uns etwas verbindet. Das wird uns in solchen Situationen oft verwehrt.

Wir haben alle Angst davor, nicht zur Gemeinschaft dazu zu gehören. Das macht uns am meisten zu schaffen. Es gibt nichts Schlimmeres als ausgeschlossen zu werden, was noch zu Zeiten der Neandertaler den sicheren Tod bedeutet hat. Wer allein ist, hat keine Chancen gegen den Säbelzahntiger. Heute zieht das mit dem Säbelzahntiger nicht mehr, heute bedeutet es gesellschaftliche Ächtung, was von uns ähnlich schlimm wahrgenommen wie der Tod.

Das Ganze macht ein kinderfreies Leben noch schwerer, da es sich hier um die Entscheidung gegen eine globale Rollenzuteilung handelt; eine Rolle, die vor langer Zeit entstanden ist und erst langsam neu definiert wird.

WIE REAGIEREN WIR KINDERFREIEN AUF DIESE AUSGRENZUNG?

Der wichtigste Punkt direkt zuerst: der Plan, alle anderen ändern zu wollen und Verständnis mit Schild und Schwert zu erkämpfen funktioniert nicht. Glaubt mir, ich hab‘s versucht. Dafür wird aber folgender Plan helfen:

Schritt 1 – Erkenne deinen Status Quo

Nichts macht dich unsicherer in Gedanken und Worten als selbst nicht zu wissen, wo du stehst. Finde heraus, was dir wichtig ist und was du für Wünsche und Ziele hast. Das macht es dir einfacher deinen Standpunkt verständlich zu machen. Sei dabei ehrlich zu dir selbst und sei neugierig auf das Ergebnis. Vielleicht überrascht dich auch, was dabei herauskommt und du musst dich erst einmal damit auseinandersetzen. Alles gut, denn alles ist erlaubt! Du hast das Recht darauf hast, Tabus zu brechen! Und unterschätze nicht, dass eine Erkenntnis auch sein kann, dass du eben noch keine Entscheidung getroffen hast.

Schritt 2 – Finde was dich reizt

Überleg dir welche Aspekte oder Aussagen in Bezug auf deine Kinderfreiheit dich besonders reizen. Es geht darum herauszufinden was und wer dich bei diesem Thema geprägt hat und welche Denkmuster dabei bei dir aktiv sind. Ziel ist es, dich selbst besser kennenzulernen und einen guten Umgang mit dem zu finden, was dich bewegt.

Schritt 3 – Bereite dich vor

Wenn du überzeugt bist, überzeugst du auch die anderen. Umso wichtiger ist deine Arbeit aus den vorherigen Schritten, denn wenn du weisst wo du stehst, kannst du dich auch souverän positionieren. Es macht Sinn, dir für die nächste Diskussion über deine Kinderlosigkeit ein paar Antworten zurecht zu legen. Somit vermeidest du, dass dich der Ärger über den Fragesteller übermannt und du patzige Antworten gibst. Das verstärkt meist nur den Eindruck der zickigen Emanze, die das mit den Kindern aus Prinzip ablehnt.

Schritt 4 – Suche Gleichgesinnte

Such dir Menschen, die auch Kinderfrei leben. Es gibt Andere mit den gleichen Themen und Ansichten und du bist nicht alleine. Tausch dich mit den Menschen aus, profitiere von Ihren Taktiken und gib auch deine weiter.

Das Gefühl der Ausgrenzung kreieren wir uns selbst, und zwar durch das, was wir Denken und als Folge daraus Fühlen. Ergründe deine Gedanken und Gefühle, dann kannst du dich bewusst für neue Gedanken entschieden.

Lass dich bei dem Thema begleiten. Es ist nicht einfach, sich bei solch einem kontroversen Thema wie die Kinderfreiheit vorurteilsfrei selbst zu reflektieren und vor allem, zu lernen neue Gedanken zu denken und diese auch dauerhaft beizubehalten.

Wie sind deine Erfahrungen mit deiner Kinderfreiheit? Hast du Fragen oder Anmerkungen? Dann schreib mir deine Geschichte in den Kommentaren oder per Mail unter kontakt@martinabraun.ch

Ich freu mich auf dich!

ICH LIEBE EINEN ÄLTEREN MANN – KANN DAS EINE ZUKUNFT HABEN?

Der Anlass für diesen Artikel ist dieses Mal die Beschreibung des Films „Der Vorleser“ in einem Fernsehmagazin. Einige von euch mögen den Film oder das Buch kennen, in dem es in drei Teilen um die Beziehung zwischen der 36-jährigen Hanna zu dem 20 Jahre jüngeren Michael geht. Die Filmbeschreibung enthielt den Satz: „Hanna und Michael haben einen beunruhigenden Altersunterschied“. Nun, wer die Geschichte kennt, weiss, dass die Beziehung auf vielen Ebenen beunruhigend ist, doch die 20 Jahre Altersunterschied sind wohl das am wenigsten Bedenkliche an der ganzen Sache. Dieser Satz ist jedoch in gewisser Weise sehr sinnbildlich für die Meinung, die in unserer Gesellschaft noch überwiegt, wenn es um Beziehungskonstellationen mit grossem Altersunterschied geht. Und dann auch noch eine ältere Frau und ein jüngerer Mann – puh – Überforderung pur.

Ich will es hier erst einmal leicht verdaulich halten und widme mich der Frage, ob die Liebe zu einem älteren Mann funktionieren kann.

Eine gute Frage, die ich mit einem klaren Ja beantworte. Und warum? Weil ich selbst in einer Beziehung mit einem 20 Jahre älteren Mann stecke und das jetzt seit 15 Jahren. Richtig, das ist noch kein komplettes Leben, doch definitiv länger als ich es anfänglich erwartet habe. Und ich bin sehr dankbar, dass wir es gewagt haben!

Sich für eine solche Beziehung zu bekennen, brauchte Mut, den ich manchmal nur zaghaft hatte. In diesem Artikel will ich beleuchten, was es braucht, um genau diesen Mut aufzubringen und welche Art von Gedanken sich vorab wirklich lohnen und welche überhaupt nicht.

Die grösste Hürde bei dieser Beziehungskonstellation sind die Vorurteile, die es dazu in unserer Gesellschaft immer noch gibt. Hier meine Top 5:

  1. Er braucht ein junges Ding für seine Midlife-Crisis
  2. Sie ist nur auf sein Geld scharf
  3. Das ist keine wahre Liebe
  4. Sie hat einen Vaterkomplex
  5. Der Sex wird sicher zum Problem

Damit und mit noch so einigen anderen Meinungen sehen sich Paare mit grossem Altersunterschied konfrontiert. Leider äussert das Umfeld diese Vorurteile selten direkt, sondern es bleibt meist ein Getuschel im Off hinter vorgehaltener Hand. Man hat das Gefühl, dass mit dem Finger auf einen gezeigt wird und fühlt sich wie bei einem Spiessrutenlauf.

Ich möchte nun jedoch nicht auf die einzelnen Vorurteile eingehen, um sie der Reihe nach zu entkräften. Das würde mir auch nicht gelingen, denn in einigen Fällen und unter gewissen Umständen haben diese Ansichten eine gewisse Richtigkeit. Doch gilt wie in anderen Beziehungskonstellationen das Motto: „Kann sein, muss aber nicht!“, ganz abgesehen davon passen drei der fünf aufgeführten Punkte völlig unabhängig vom Altersunterschied in jede Beziehung.

Es ist auch nicht meine Absicht, das Verhalten der anderen zu hinterfragen und zu analysieren, denn das würde nichts an der eigenen Einstellung ändern.

Vielmehr geht es mir darum zu beleuchten, über was du bzw. ihr als Paar euch vorab klar werden solltet. Damit wird es dann auch automatisch einfacher mit dem Standing nach Aussen.

Zuerst lasst uns doch kurz darüber reden, was denn genau ein grosser Altersunterschied ist. Dazu mache ich einen kleinen Abstecher in die Welt der Statistik aus dem Jahr 2018, die folgendes zur Situation in der Schweiz besagt:

36% der in der Schweiz lebenden Paare haben einen Altersunterschied von weniger als 5 Jahre

14% der Paare haben einen Altersunterschied zwischen 6 und 9 Jahre

2.6% der Paare haben einen Altersunterschied von mehr als 10 Jahre

Etwa ein Drittel aller Paare lebt also in einem Beziehungskonstrukt mit einem Altersunterschied von weniger als 5 Jahren, was also von unserer Gesellschaft als „normal“ angesehen wird. Alles andere gilt demnach als gross bzw. sogar abnormal gross und diese Paare gehören damit per se zu einer Minderheit.

Wir wissen aus anderen Bereichen unseres zwischenmenschlichen Miteinanders, dass Minderheiten bzw. Abweichungen von der Norm viele Menschen verunsichern kann, weil es erst einmal unbekannt ist. Und alles, was verunsichert, wird erst einmal abgelehnt und verurteilt und muss sich erst einmal beweisen.

Zurück zur Erhebung: wie in der Grafik ersichtlich ist, wurde auch ermittelt, ob der Mann oder dir Frau älter oder jünger ist. Es zeigt, dass die stereotypische Geschlechterkombination von älterem Mann und jüngerer Frau immer noch üblicher ist als andersherum. Die ältere Frau mit dem jüngeren Mann ist da immer noch seltener – zumindest in der Öffentlichkeit.

Ein weiterer Grund, warum Paare, die nicht unserer gesellschaftlichen Norm entsprechen mit Argwohn betrachtet werden, ist unsere Prägungen. Wir wachsen in einem Umfeld auf, das geprägt ist von Beziehungen zwischen Mann und Frau in einem ähnlichen Alter. Um nun davon abweichende Kombinationen zu akzeptieren, muss man diese Prägungen erweitern.

Dafür braucht es das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Änderung und den Willen, andersartiges zu akzeptieren – entgegen den Meinungen der breiten Masse. Und hier liegt meist die Schwierigkeit.

Aber jetzt zum eigentlichen Thema. Was braucht es für dich oder euch als Paar, damit ihr den Mut für eure Beziehung aufbringt. Manche von euch mögen jetzt denken, es braucht nicht viel, einfach mal machen und schauen, was passiert. Das kann funktionieren, es ist aber eher von Erfolg gekrönt, wenn du dich vorher mit ein paar Dingen auseinander setzt.

# 1 Was finde ich an der anderen Person?

Find heraus, was dich an der anderen Person anzieht und begeistert. Was macht er genau, dass dich so glücklich macht und dich wohlfühlen lässt? Was hat genau dieser Mensch, dass sie zu etwas besonderen für dich macht. Was denkst du über die Person und wie fühlst und benimmst du dich in ihrer Gegenwart? Magst du die Version von dir, wenn du mit dieser Person zusammen bist?

Der Fluch hierbei ist, dass uns in der Anfangsphase die rosa Brille so ziemlich im Griff hat. Hierbei ist das Belohnungshormon Dopamin verantwortlich, welches für den Lustgewinn zuständig ist – auch bekannt als Glückshormon. Es ist das Hormon der Möglichkeiten, das durch den Reiz des Neuen ausgeschüttet wird. Es treibt uns an und fördern unseren Trieb des „Haben Wollens“.

Wir werden in der Anfangszeit einer Beziehung ziemlich stark von diesem Hormon beeinflusst, denn alles ist neu und unerwartet und alles andere als gewöhnlich und langweilig.  Das vernebelt und den Blick und sorgt dafür, dass wir Dinge ignorieren, die uns ohne diesen Hormoneinfluss eher bedenklich erscheinen würden. Die Phase dieser Dopaminvergiftung kann man nicht aktiv beschleunigen, sondern man kann nur abwarten, bis sie vorbei geht. Das dauert in der Regel 12 – 18 Monate, in denen wir wie auf Drogen durch die Welt laufen und uns nur schwer von anderen belehren lassen.

Darum solltest du dir die Fragen immer wieder neu beantworten, um dich nicht selbst zu täuschen. Wahrscheinlich wird sich deine Antwort im Lauf eurer Beziehung ändern und erst nach der Vergiftungsphase hast du einen eher nüchternen Blick auf deinen Partner. Und zusätzlich ist es eine sehr gute Idee, in dieser Zeit keine Entscheidung mit grosser Tragweite zu treffen, also Heirat, Kinder, Haus, Scheidung, etc. – du könntest es im nüchternen Zustand bereuen. Deshalb gestaltet die Anfangszeit locker und unkompliziert ohne Verbindlichkeiten!

# 2 Was habe ich für Bedürfnisse in einer Beziehung?

Ein weiterer Punkt, warum ein Anfang ohne Verbindlichkeiten eine gute Idee ist, sind die individuellen Erwartungshaltungen zweier Menschen bezogen auf die Beziehung. Viele von uns machen sich eher selten vorab Gedanken darüber, was sie in einer Beziehung suchen. Man ist verliebt und schwebt auf Wolke 7, da haben rationale Gedanken keinen Platz und fühlen sich fehl am Platz an. Zu diesem Zeitpunkt vermisst man meist auch noch nichts, alles ist rosa und man denkt, man wäre in Zuckerwatte gefallen. Solche Gedanken schleichen sich meist erst dann ein, wenn man etwas vermisst oder es zu Unstimmigkeiten zwischen den Partnern kommt. Doch es macht sehr viel Sinn, sich diese Gedanken bereits am Anfang einer Beziehung zu machen:

Wie soll sich deine Beziehung anfühlen? Wie möchtest du behandelt werden? Was sind deine Dos und Don’ts? Was wünsche ich mir in Bezug auf Sexualität? Was will ich alles erleben? Es muss sich dabei nicht nur um selbstlose und liebevolle Aspekte handeln, das dürfen auch dreckige Beweggründe sein. Dinge wie finanzielle Sicherheit und eine gute Altersvorsorge sind genauso legitim wie Geborgenheit und Verständnis.

Wenn du das dann mal für dich herausgefunden hast, macht es Sinn, diese Erkenntnis mit deinem Partner zu teilen. Vor allem die, bei denen der Partner direkt betroffen ist. Denn es nützt sehr wenig, Erwartungen und Bedürfnisse nicht laut auszusprechen, das führt früher oder später zu Enttäuschung, denn wenige Menschen haben das Talent, zu erraten, was das Gegenüber möchte. Je nachdem wie lange die Liste deiner Bedürfnisse ist und wie deine Prioritäten auf die einzelnen Punkte verteilt sind, solltest du deinen Partner nicht mit allem auf einmal überfluten. Lass dir Zeit und überfordere euch als Paar nicht.

# 3 Welche Ziele habe ich in meinem Leben?

Diese Frage ist eng mit Frage #2 verknüpft, denn deine Ziele im Leben färben deine Bedürfnisse in einer Beziehung. Themen wie die Familienplanung, eine vielleicht schon bestehende Familie, die Wohnsituation, die Karriere, der Freundeskreis usw. sollten besprochen werden, denn hier kann die Planung bei zwei Menschen mit grösserem Altersunterschied ziemlich auseinander gehen. Das muss nicht automatisch bedeuten, dass eine Beziehung nicht funktioniert. Man muss nur Bewusstsein für die individuellen Ziele schaffen und gemeinsam ein Vorgehen bestimmen, mit dem beide leben können.

In einer Beziehung mit grossem Altersunterschied befindet sich der ältere Partner an einem weiter vorangeschrittenen Punkt im Leben. Sie hat logischerweise bereits mehr erlebt und einige Punkte für sich schon erledigt, die bei dir noch auf der Liste stehen. Jeder für sich mag vielleicht klar haben, was in seiner Zukunft wichtig ist, doch auch hier gilt, dass niemand in die Köpfe der anderen sehen kann. Und Bedürfnisse und Ziele lassen sich nur so lange ignorieren, wie das Dopamin eine rosa Welt vortäuscht, danach werden unerfüllte Wünsche zum Streitpunkt.

Je nach dem, wann es dann zum klärenden Gespräch oder vielleicht sogar Knall kommt, kann das Gefühl aufkommen, seine Zeit verschwendet zu haben und manchmal ist ein Ziel wie z.B. die Familienplanung dann schon schwieriger oder gar unmöglich und hinterlässt verbrannten Boden.

# 4 Wie reagiere ich, wenn sich mein Umfeld abwendet?

Ja, das kann passieren. Je nachdem wie konservativ dein Umfeld ist, wird es dazu kommen, dass sich manche Menschen von dir abwenden. Das betrifft sowohl Freunde und Bekannte als auch Familienmitglieder. Und wenn sie sich nicht offensichtlich von dir abwenden, dann kannst du dich darauf einstellen, bei jedem Treffen spitze Bemerkungen und Sticheleien ertragen zu müssen.

Man kann auf verschiedene Arten damit umgehen. Zuerst sei nicht überrascht, wenn es passiert. Und manchmal wenden sich Menschen von uns ab, bei denen wir es absolut nicht erwartet haben.

Der einfachste Weg in so einer Situation wäre das Ignorieren. Das kannst du bei Personen machen, die dir nicht viel bedeuten und deren Verlust dir nicht weh tut. Du brauchst nur ein etwas dickeres Fell, um mögliche Kommentare zu ertragen, denn Ignorieren stachelt die Kritiker meist eher an.

Bei Personen, die dir wichtig sind, solltest du das Gespräch suchen. Achte darauf, dass du bei diesem Gespräch nicht versuchst dich zu rechtfertigen und die Person unbedingt davon überzeugen willst, dass deine Beziehung genau richtig ist. Das führt, wie das Ignorieren meist dazu, dass dich die Haltung deines Gegenübers noch mehr versteift und du nichts erreichst. Ausserdem tut ein solches Verhalten deinem Selbstwertgefühl auch nicht sonderlich gut; du machst dich vor anderen nur klein, weil du deren Erlaubnis möchtest. Freund*innen und Familienmitglieder, denen du wichtig bist, sollten dich und deine Entscheidung respektieren. Sie müssen dir nicht zustimmen und dürfen gerne ihre Bedenken äussern, sollten deine Entscheidung für die Beziehung respektieren und sich weiterhin wie Freund*innen verhalten. Du solltest auf keinen Fall das Gefühl haben gegen sie ankämpfen zu müssen oder eine andere Person sein zu müssen.

Dann wird es Menschen geben, die zwar mit deiner Beziehung ok sind, doch die mit deinem Partner nichts anfangen können. In diesem Fall gibt es immer noch die Variante eines getrennten Freundeskreises. Es ist grundsätzlich eine gute Idee, neben dem gemeinsamen Freundeskreis auch eigene Freundschaften zu pflegen. Das tut deiner Beziehung und auch dir selbst gut, denn so behältst du das Gefühl eine eigenständige Person zu sein. Und du kannst Themen besprechen, die sicher nicht sofort über Umwegen bei deinem Partner landen.  

Zudem solltest du bedenken, dass die Interessen in eurer Partnerschaft auf Grund des Altersunterschiedes unterschiedlicher sein werden als bei einem Paar im gleichen Alter. Ein eigener Freundeskreis hilft, dass du weiter deinen Interessen nachgehen kannst und nicht frustriert zu Hause sitzt. Versuche auf jeden Fall eine gesunde Balance zwischen gemeinsamen und eigenen Freunden zu finden.

# 5 Gehen wir beide gleich mit unserem Altersunterschied um?

Weisst du, wie dein Partner über euren Altersunterschied denkt? Wie benimmt er oder sie sich, wenn ihr auf euren Altersunterschied angesprochen werden? Windet sich euer Partner oder wird das Thema ins lächerliche gezogen? Ein solches Verhalten spricht sehr für Unsicherheit in eurer Beziehung und du solltest das ansprechen. Es ist nicht entscheidend, dass ihr zu jeder Minute gleich über die Tatsache eures Altersunterschiedes denkt, das ist gar nicht möglich, denn ihr seid zwei unterschiedliche Personen und auch jeder Tag ist anders.

Doch sollte es eine gleiche Grundeinstellung und einen ähnlichen Umgang damit geben und ihr könnt euch im Zweifel gegenseitig unterstützen und aufbauen. Und vor allem, nimm deine Partner ernst und hör zu. Du kannst die Einstellung zu eurem Altersunterschied am glaubhaftesten durch dein Verhalten zeigen.

Sollte dir die Einstellung deines Partners trotzdem komisch vorkommen, dann hinterfrag das frühzeitig. Dann solltest du herausfinden, wie es mit dem Commitment für eure Beziehung aussieht.

# 6 Reden wir offen über unsere Bedenken?

In einer Beziehung mit grossem Altersunterschied gibt es per se mehr Bedenken als in einer von der Gesellschaft als normal bewerteten Beziehung. Da geht es darum, wieviel gemeinsame Interessen man hat, ob man noch eine Familie gründen möchte oder ob der Freundeskreis einen akzeptiert. Doch es geht irgendwann auch um eine nachlassende Libido oder körperliche Dysfunktionen beim Sex, um die berufliche Karriere, wenn der andere sich schon mit der Planung seiner Pension beschäftigt und um den plötzlich sichtbaren körperlichen Abbau deines Partners. Auch das Thema Tod nimmt irgendwann seinen Raum in eurer Beziehung ein.

Das perfide ist, dass du dir der Themen von Anfang an bewusst bist, doch du schenkst ihnen keine Aufmerksamkeit. In einem Alter von 25 und 45 Jahren sind diese Themen auch noch nicht so drängend, da hat man das Gefühl ein ganz normales Paar zu sein. Doch je älter ihr werdet, umso deutlicher wird der Unterschied, sowohl körperlich als auch mental. Und spätestens dann musst du anfangen mit deinem Partner zu reden – offen und ehrlich. Denn reden nimmt die Unsicherheit und eröffnet neue, gemeinsame Möglichkeiten.

Wenn du dich mit diesen 6 Punkten beschäftigt hast, dann gehst du ziemlich vorbereitet in deine Beziehung mit einem älteren Mann. Es ist immer noch kein Garant dafür, dass es reibungslos funktioniert, doch du hast einen guten ersten Schritt gemacht und bist vorbereitet.

Denk daran, in einem unterscheidet sich deine funktionierende Beziehung zu einem älteren Mann nicht von der zu einem gleichaltrigen: es steckt Arbeit dahinter, nur die Themen sind andere.

Fokussiert euch als Paar auf eure Werte und verfangt euch nicht in Vorurteilen. An Herausforderungen kann man wachsen, man muss nicht daran scheitern! Und wenn Ihr euch den Herausforderungen stellt, deutet das auf eine starke Verbindung hin und wenn ihr eine gleichberechtigte Beziehung führt, dann ist der Altersunterschied zweitrangig.

Ach ja, und was sich überhaupt nicht lohnt: Sich damit zu beschäftigen, was andere davon halten, ob sie tuscheln oder ob sie euch als Paar komisch begutachten. Vertrau auf dein Bauchgefühl und zeig dich mit erhobenem Haupt. Und am besten ist immer drüberstehen und in solchen Situationen gemeinsam kichern.

Es ist keine Schande, wenn man sich für seine Beziehung Hilfe zur Seite holt. Beziehungsgespräche können grundsätzlich anspruchsvoll sein. Wenn man dann noch das Thema des Alters dazu kommt, wird’s nicht unbedingt einfacher. Also lasst euch unterstützen. Ein Coach begleitet dich oder euch als Paar und ihr könnt den für euch besten Weg erarbeiten. Traut euch, es lohnt sich!

Du kannst das Leben nicht denken, du musst es leben!

Hast du Erfahrungen mit einer Beziehung zu einem älteren Mann? Hast du Fragen oder Anmerkungen? Dann schreib mir deine Geschichte in den Kommentaren oder per Mail unter kontakt@martinabraun.ch

Ich freu mich auf dich!

INS COACHING IN MEINEM ALTER? DAS IST DOCH VERSCHWENDUNG VON ZEIT UND GELD!

Diesen Satz höre ich ziemlich oft, wenn in beliebigen Gesprächen das Thema berufliche Orientierung aufkommt und ich erzähle, dass ich als Midlife- und Golden Age Coachin arbeite. Meist schwingt mit diesem Satz dann noch ein Gefühl von Resignation aber manchmal auch etwas Herablassendes mit und meine Gesprächspartner*innen wechseln entweder ohne weiteren Kommentar das Thema oder erklären mir, warum Coaching eine völlig überflüssige Erscheinung unserer Zeit ist und bei Ihnen eh nichts bringt.

Beide Reaktionen werden wohl von der Angst verursacht, dass ich sie jetzt und gleich einem öffentlichen Coaching – Versuch unterziehen könnte. Darum wird das Thema entweder ignoriert oder in Grund und Boden geredet. Dabei kann ich versichern, dass wir guten Coach*innen unsere berufliche Rolle ziemlich gut wegpacken können und im Alltag auch nur normale Menschen sind.

Wenn man einen Vergleich ziehen würde, könnte man sagen es geht uns da ein bisschen wie den Schönheitschirurgen*innen. Die sehen auch den ganzen Tag viel Potential für ihr Business, doch auch die können das gut für sich behalten – ausser sie werden aktiv um Hilfe gebeten.

Nun aber zurück zur eigentlichen Frage: ist Coaching mit 50+ nur eine Verschwendung von Zeit und Geld?

Und hier gibt es von mir ein klares Ja - unter bestimmten Voraussetzungen schon! Wenn es dabei nämlich um Menschen geht, die mit der gleichen Lebenseinstellung durchs Leben gehen wie meine erwähnten Gesprächspartner vom Anfang.

Das sind zum Beispiel Menschen mit einer abwertenden Haltung gegenüber dem Thema Coaching, ohne jemals mit einem Coach gearbeitet zu haben oder Menschen, die die Energie nicht aufbringen wollen, um manche Bereiche ihres Lebens aufzuarbeiten und damit vielleicht sogar zu verbessern. 

Oder Menschen mit einer sehr konservativen und engstirnigen Lebenseinstellung, die glauben, dass ihr Leben halt ist, wie es ist und daran eben nichts zu ändern wäre.

Ebenfalls nutzlos ist ein Midlife und Golden Age Coaching für Menschen, die davon überzeugt sind, dass sie im Lauf ihres Lebens schon genug gesehen und gemacht haben und die dadurch erlangte Lebenserfahrung für sich und alle nachfolgenden Generationen der Familie mehr als ausreichend ist.

Und last but not least ist ein solches Coaching sicher eine Verschwendung von Zeit und Geld, wenn man davon überzeugt sind, dass ein*e Coach*in, oder generell einfach alle anderen Menschen, einem sowieso nicht erzählen könnte, wie der Hase läuft – denn was wissen denn die anderen schon.

Eine voreingenommene Haltung zum Coachingprozess oder zur Persönlichkeitsarbeit generell ist eine sehr grosse Hürde, die erst überwunden werden muss, um im Coaching zielführend arbeiten zu können.  Doch wenn das geschafft ist, dann ergeben sich plötzlich enorm viele Möglichkeiten fast wie von selbst.

Coaching für Menschen im Midlife oder Golden Age, also ab einem Alter von ungefähr 40 Jahren bis hin und durch den dritten Lebensabschnitt, kann eine enorm unterstützende und bereichernde Erfahrung sein. In dieser Zeit können Menschen verschiedene Herausforderungen und Fragen erleben, die das Bedürfnis nach Unterstützung und Veränderung hervorrufen.

Im Midlife und Golden Age haben Menschen bereits viel Lebenserfahrung gesammelt und suchen möglicherweise nach Sinn, Erfüllung und persönlichem Wachstum. In diesem Kontext kann Coaching dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern, individuelle Ziele zu setzen und Hindernisse zu überwinden.

Ein*e Coach*in kann bei der laufenden Gestaltung oder vielleicht sogar komplett neuen Ausrichtung des eigenen Lebens eine hilfreiche Stütze sein. Schlussendlich geht es darum, seine Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen, um diese dann durch eine strukturierte Vorgehensweise zu erfüllen.

Hier ein paar Unterstützungsfelder eines Coachings für Menschen im mittleren und goldenen Lebensalter:

Tiefere Selbsterkenntnis

Coaching kann dazu beitragen, dass Menschen sich selbst besser verstehen. Dies kann beinhalten, die eigenen Werte, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen zu erkennen, sowie die eigenen Lebensziele und -prioritäten zu klären. Midlife – Coaching hat nochmal einen zusätzlichen Charme. Zum einen konnte der*die Klient*in in den vergangenen Jahren bereits ausreichend Lebenserfahrung in vielen verschiedenen Bereichen sammeln und hat viele Dinge gemacht und Vieles erlebt. Es ist schon ein gewisses Bewusstsein für die eigene Person und eigene Verhaltensmuster entstanden und doch ist da das ungewisse Gefühl, dass das bisherige Leben nicht alles gewesen sein kann. Man möchte verstehen, warum man so ist, wie man ist und vor allem, was noch alles möglich wäre.

Ein Coachingprozess erlaubt es dem*der Klienten*in, sich selbst besser zu verstehen, Ihre Stärken und Schwächen zu erkennen und Ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Ein starkes Selbstbewusstsein ist oft die Grundlage für ein erfülltes Leben.

Zum anderen ist es ein Vorteil, dass meist auch der*die Coach*in bereits im Midlife oder Golden Age angekommen ist und kann die eigene Erfahrung gut für die Prozessbegleitung der Klienten*innen nutzen.

Neuorientierung

Viele Menschen erleben in der Mitte ihres Lebens Veränderungswünsche in Bezug auf ihre berufliche Laufbahn, ihre Beziehungen oder ihre Lebensziele. Geht es um eine Geschäftsidee, die völlig konträr zum bisherigen Job ist und die zu einer Herzensangelegenheit geworden ist? Einmal im Leben auf einer Südseeinsel wohnen oder seine sexuelle Neuorientierung ausleben?

Ein*e Coach*in kann bei der Identifizierung neuer Ziele und der Entwicklung von Strategien zur Umsetzung unterstützen und begleiten.

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit entwickeln

Der*die Klient*in lernt mit Veränderungen umzugehen und sich an neue Situationen anzupassen. Dies ist besonders wichtig in einer sich ständig verändernden Welt. Man lernt, dass Veränderungen ein natürlicher Teil des Lebens sind, und entwickelt eine offene Einstellung für neue Ideen, Herangehensweisen und Perspektiven.

Die Entwicklung von Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erfordert bewusste Bemühungen und kontinuierliche Praxis, was durch einen Coachingprozess unterstützt werden kann.

Stressbewältigung

Die Belastungen des Berufs- und Privatlebens können im mittleren Lebensalter oft zunehmen. Oft stecken Frauen in einer unangenehmen Mehrfachrolle als Mutter, Arbeitnehmerin, Ehefrau, Köchin, Freundin, Organisatorin und vieles mehr. Oft genug stellen wir unsere Bedürfnisse in den Hintergrund, um die Belastungen des Alltags zu meistern. Stressmanagement kann die allgemeine Lebenszufriedenheit erhöhen und die Auswirkungen von Stress auf Ihre Gesundheit reduzieren.

Da kann die Unterstützung durch ein Coaching hilfreiche Techniken zur Stressbewältigung vermitteln und helfen, einen ausgewogeneren Lebensstil zu entwickeln. Es kann aber auch eine Strategie entwickelt werden, den Mental Load zu minimieren und umzuverteilen.

besseres Beziehungsmanagement

In dieser Lebensphase können sich auch Veränderungen in persönlichen Beziehungen zeigen. Langzeitbeziehungen stehen vor Herausforderungen wie Scheidung, Affairen, Langeweile, Lustlosigkeit oder Gewohnheit. Familienkonstrukte verändern sich, weil Kinder ausziehen, Menschen sterben oder die Familie verlassen und Freundschaften wandeln sich, weil Interessen nicht mehr die gleichen sind wie am Anfang.

Indem Klienten an sich selbst arbeiten, können sie auch Ihre Beziehungen zu anderen verbessern. Eine positive persönliche Entwicklung kann zu besseren zwischenmenschlichen Fähigkeiten, mehr Empathie und einem tieferen Verständnis für andere führen.

Coaching kann dabei unterstützen, Konflikte zu bewältigen, Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern und Beziehungen zu stärken, sei es in der Familie, in Freundschaften oder in romantischen Partnerschaften.

Gesundheit und Wohlbefinden

Unsere körperlichen Bedürfnisse verändern sich mit dem Alter. Sei es die Ernährung, der Sport oder die Umstellungen, die wir Frauen durch die Menopause erfahren. Diese Veränderungen können das bisherige Leben auf den Kopf stellen und es meist einfacher, sich hierbei unterstützen zu lassen.

Ein*e Coach*in kann Menschen dabei unterstützen, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu verbessern. Dies kann durch die Förderung gesunder Lebensgewohnheiten, Stressreduktion und die Entwicklung von Selbstfürsorgepraktiken geschehen.

Persönliches Wachstum

Midlife und Golden Age-Coaching kann Klienten dabei helfen, ihr persönliches Potenzial zu entfalten und persönlich zu wachsen. Dies kann sowohl beruflich als auch individuell bedeutsam sein. Dies kann zu einem tieferen Sinn für Erfüllung und Lebenszweck führen.

Persönliches Wachstum bedeutet, offen für neue Ideen und Lernmöglichkeiten zu sein. Dies fördert lebenslanges Lernen, was nicht nur intellektuell stimulierend ist, sondern auch dazu beiträgt, geistig agil zu bleiben.

Insgesamt kann persönliches Wachstum dazu beitragen, ein erfüllteres, ausgewogeneres und bedeutungsvolleres Leben zu führen. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, der Selbstreflexion, Lernen und Anpassung umfasst.

Durch persönliches Wachstum kann sich das Leben in verschiedenen Bereichen verbessern, einschließlich der physischen und mentalen Gesundheit, Beziehungen, beruflichen Zufriedenheit und Lebensfreude.

Rückblick und Ausblick

Durch einen strukturierten Rückblick und Ausblick kannst man eine klare Perspektive auf die Vergangenheit gewinnen und gleichzeitig konkrete Schritte für die Zukunft planen. Klienten*innen denken darüber nach, was in der Vergangenheit passiert ist, und analysieren Erfolge, Herausforderungen und Lernerfahrungen. Auch das Auflisten von wichtigen Ereignissen und Meilensteinen und die Bewertung, welche davon besonders bedeutsam oder lehrreich waren, ist ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung.

Coaching ermöglicht oft einen reflektierten Rückblick auf vergangene Erfahrungen, um daraus zu lernen, und fördert gleichzeitig einen positiven Ausblick auf die Zukunft.

Lebensübergänge bewältigen

Der Wechsel zwischen verschiedenen Lebensphasen wie z.B. in die Elternschaft oder den Ruhestand, Umzüge, Karriereveränderungen, Gesundheitsereignisse und der Verlust von geliebten Menschen können ziemliche Herausforderungen darstellen. Lebensübergänge können sowohl positive als auch herausfordernde Aspekte beinhalten und erfordern oft Anpassungen und neue Bewältigungsstrategien

Coaching kann dazu beitragen, Menschen bei wichtigen Lebensübergängen zu unterstützen, sei es im Beruf, in Beziehungen oder im persönlichen Leben.

Reflexion und Sinnfindung

Im "Midlife und Golden Age" nehmen sich Menschen oft die Zeit, über ihre Lebensziele und -werte nachzudenken. Es geht um die bewusste und kritische Auseinandersetzung mit eigenen Gedanken, Erfahrungen, Handlungen oder Ideen. Reflexion ermöglicht es, die eigenen Werte, Überzeugungen und Entscheidungen zu hinterfragen und kann dazu beitragen, persönliches Wachstum und Lernen zu fördern.

Sinnfindung bezieht sich auf die Suche nach einem tieferen Zweck oder Bedeutung im Leben. Es geht darum, herauszufinden, was das Leben erfüllend und sinnvoll macht. Dieser Prozess kann spirituell, existenziell oder persönlich sein. Menschen streben oft danach, einen Sinn in ihrem Leben zu finden, indem sie ihre Werte, Leidenschaften und persönlichen Ziele identifizieren. Sinnfindung kann auch mit der Frage nach dem "Warum" unseres Handelns und Lebens verbunden sein.

Coaching kann dabei helfen, Klarheit zu schaffen und neue Ziele zu definieren.

Karriere- und Ruhestandsplanung

Die Karriere- und Ruhestandsplanung ist ein lebenslanger Prozess, der eine sorgfältige strategische Herangehensweise erfordert. Sie erfordert Zeit, Engagement und Flexibilität. Es ist wichtig, dass Pläne regelmäßig überprüft und angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie den sich ändernden Zielen und Lebensumständen entsprechen. Themen wie Finanzplanung, Gesundheitsvorsorge, Lebensstilanalyse und Engagementmöglichkeiten sind nur ein paar Beispiele zu diesem Thema.

Wenn Menschen sich auf den Ruhestand vorbereiten oder eine berufliche Veränderung in Erwägung ziehen, kann Coaching ihnen helfen, realistische Pläne zu entwickeln und die Umsetzung zu unterstützen.

Coaching kann also auch und vor allem ab der Lebensmitte eine enorme Bereicherung darstellen. Mit einer gewissen Lebenserfahrung im Gepäck und dem Wunsch sich weiterzuentwickeln ist ein Coachingprozess der Booster zur Umsetzung seiner Ziele. Nicht alle Menschen sind willensstark und beständig genug, um Lebensziele allein und zügig zu erreichen. Es gibt bei allem Höhen und Tiefen, egal was wir in Angriff nehmen, da ist es mehr als hilfreich eine stützende Begleitung an der Seite zu haben um seine Bedenken, Ängste aber auch euphorischen Momente zu teilen.

Also, pack es an und hol dir Unterstützung. Hol deine innersten Wünsche und Bedürfnisse ans Licht und mach dich mit dem*der Coach*in deines Vertrauens auf den Weg. Ich wünsche dir viel Erfolg dabei!

Welche Erfahrungen hast du schon mit Coaching gemacht? Hast du Fragen oder Anmerkungen? Dann schreib mir deine Geschichte in den Kommentaren oder per Mail unter kontakt@martinabraun.ch

Ich freu mich auf dich!

DIE PRÄMENOPAUSE – DIE ERSTEN SYMPTOME DER WECHSELJAHRE MIT 40, WAS IST DAS DENN UND KANN ICH DAS ZURÜCKGEBEN?

Also, eines gleich vorweg: Die Prämenopause mit Ihren verwirrenden Veränderungen ist ab 40+ deine stetige Begleiterin und nein, es gibt keine Retoure-Möglichkeit. Du solltest dich aber auch nicht einfach damit abfinden und alles über dich ergehen lassen, sondern dich ab sofort mit diesem Thema auseinandersetzen, denn es gibt Optionen!

Aber der Reihe nach:

Ich kann es fast selbst nicht glauben, ich bin jetzt 42 Jahre alt und schreibe einen Artikel über die Wechseljahre. Also genauer gesagt über den Beginn der Wechseljahre – und noch genauer: der Beginn meiner Wechseljahre! Ein Thema, das selbst in unserer Zeit noch immer mit viel zu viel Scham behaftet ist und bei dem es noch viel zu viel Unklarheiten gibt, die wir endlich aus der Welt schaffen sollten.

Ich will offen darüber reden, dass es völlig normal ist, wenn es in den späten 30ern schon losgeht, und dass ab dann unser Leben auf den Kopf gestellt werden kann – emotional und körperlich! Diese Veränderung darf kein Tabu sein, ganz im Gegenteil. Es ist wichtig offen darüber reden zu können, um uns gegenseitig besser zu unterstützen.

Es ist mein Wunsch, dass wir die weibliche Schwarmintelligenz nutzen und uns helfen, den Start in den vielleicht wertvollsten Lebensabschnitt bewusst und mit erhobenem Haupt zu erleben.

MIT WAS HAT ES BEI MIR ANGEFANGEN?

Ehrlich gesagt kann ich diese Frage nicht wirklich beantworten. Denn es gab keinen Startschuss wie bei einem 100 Meter – Lauf, dank dem ich wusste, dass es jetzt losgeht. Ganz und gar nicht.

MEIN ZYKLUS

Jetzt im Nachhinein glaube ich, dass ich meine körperlichen Veränderungen wohl als erstes wahrgenommen habe. Es kam langsam und völlig unbewusst. Mein plötzlich eher unregelmässiger Zyklus, der aber nicht von heute auf morgen komplett aus dem Raster fiel, sondern immer mal wieder von der gewohnten Regelmässigkeit abwich. Mal war meine Menstruation stärker, mal schwächer, mal ein paar Tage länger, mal kürzer und auch mal mittendrin. Doch grundsätzlich immer noch so normal, dass ich mir einredete, der Stress im Job wäre die Ursache.

MEINE MÜDIGKEIT

Ausserdem hatte ich immer öfter Phasen in der ich mich wie ein ausgespuckter Kaugummi vorkam. Und wie fühlt sich so ein Kaugummi? Naja, ausgelutscht und verbraucht, ohne Energie und Antrieb, obwohl ich in dem Moment keiner aussergewöhnlichen Belastung ausgesetzt war. Ich kannte mich als motivierte und geradlinige Frau, die zielorientiert ihre Aufgaben erledigte und immer Spass an Neuen Ideen hatte. Plötzlich hatte ich nur noch Ideen und keine Motivation mehr. An manchen Tagen hatte ich das Gefühl, gar nicht so viel schlafen zu können, wie ich müde war. Und auch das schob ich aus Ermangelung an besserem Wissen auf möglichen Stress im Job.

MEIN GEWICHT

Tja, das liebe Gewicht. Von Zeit zu Zeit hatte ich das Gefühl, an der Nase herum geführt zu werden. Trotz der gleichbleibenden Zahl auf der Waage (trotz diverser Anstrengung bezüglich Gewichtsreduktion), merkte ich, dass Hosen plötzlich zwickten und Blusen eng wurden. Es fühlte sich so an, als würden sich meine Proportionen plötzlich um verlagern und jedes neue Gramm findet seinen Weg an meinen Bauchumfang. Zudem hatte ich plötzlich auch zyklusabhängige Gewichtsschwankungen begleitet von dickeren Waden und Knöcheln, was ich nur Erzählungen meiner Grossmutter kannte. Und um es noch unwirklicher zu machen, wurde das nicht plötzlich zum Dauerzustand, sondern schlich sich als Auf und Ab langsam in mein Leben.

MEINE GEFÜHLSWELT

Ich kann von mir behaupten, dass ich meine Gefühle ziemlich im Griff habe. Ob das nun gut oder schlecht ist, sei gerade kurz dahingestellt, es ist halt so. Wenn ich jetzt also plötzlich Tränen überströmt vor dem Fernseher sitze, wenn alljährlich die neuesten rührseligen Weihnachtspots im Fernsehen präsentiert werden, dann kenne ich mich selbst nicht mehr. Gefühlsschwankungen stehen plötzlich auf der Tagesordnung und man hält andere Menschen von Zeit zu Zeit auch viel weniger aus als auch schon. Und das schlimme daran, ich konnte es nicht mit Worten beschreiben. Es war für mich ein unbekanntes Gefühl, das ich nicht zuordnen konnte und ich dachte ich spinne.

Weitere Symptome in dieser Phase können sein:

Hier funktioniert auch jede Frau anders. Du kannst jedes der erwähnten Symptome bei dir spüren oder nur einzelne, oder sogar noch andere oder gar keine. Und dass das die Vorboten von noch viel mehr Veränderungen auf dem Weg zur und durch die Wechseljahre sind, war zumindest mir absolut nicht klar.  Ich verschwendete keinen Gedanken an die Wechseljahre und das war auch gut so! Und doch gab es bei mir wohl schon mit Ende 30 gewisse Veränderungen, die ich zu dem Zeitpunkt schlicht falsch eingeordnet habe. Doch die Umstellung im Hormonhaushalt fängt eben schon mit Ende 30 an. Die Eisprünge werden unregelmässiger und unvollständiger und dadurch verändert sich  unseren Hormonspiegel, welche dann zu den erwähnten Phänomenen führen können.

Bevor ich jetzt darauf eingehe, wie ich mit den neuen Umständen umgegangen bin bzw. gerne umgegangen wäre, möchte ich noch auf die verschiedenen Begrifflichkeiten bei diesem Thema eingehen und kurz darüber reden, warum die Wechseljahre ein Tabuthema sind.

WAS HEISST DENN JETZT WAS?

Wie ich inzwischen weiss, fängt alles mit der sogenannte Prämenopause an, die meist im Alter von 38 bis 44 stattfindet. Es ist die Vorstufe der Perimenopause, die eigentlichen Wechseljahre und kann bis zu 10 Jahre dauern. Die Perimenopause dauert bis zu 1 – 2 Jahre nach deiner letzten Periode und bezeichnet die eigentlichen Wechseljahre. Der Begriff Menopause, den wir alle kennen und stellvertretend für die Wechseljahre benutzen, bezeichnet eigentlich nur unsere letzte Periode vor einem Zeitraum von 12 Monaten ohne Blutung. Der Perimenopause folgt dann nahtlos die Postmenopause mit all ihren Herausforderungen.

WARUM HAT MIR DAS DENN KEINE(R) SCHON FRÜHER GESAGT?

Weil wir über die Wechseljahre nicht gerne reden. Es hat uns noch keiner vorgemacht, dass man ohne Scham über diese Lebensphase reden kann. Schon gar nicht in seinen 40ern, wo doch gemäss gängiger Auffassung die Wechseljahre noch überhaupt kein Thema sind. Also lasst uns endlich damit anfangen!

Es ist zwar jedem klar, dass sich Frauen ab einem gewissen Alter mit den Umständen der Wechseljahre abfinden müssen, doch darüber gibt es nichts zu diskutieren, geschweige denn, daran zu ändern. Unter diesen Voraussetzungen wird es also schwer, sich bereits in seinen 40ern mit diesem Thema zu beschäftigen.

Speziell die Perimenopause wird bei der Ausbildung von Ärzt*innen immer noch unzureichend behandelt. Als Konsequenz erfahren wir von unseren Gynäkolog*innen und Hausärzt*innen viel zu wenig Unterstützung, wenn wir sie am meisten brauchen. Vor allem in der Perimenopause, in der die Symptome eher verwaschen auftreten und nicht greifbar sind, wünscht man sich verständnisvolle und fachlich kompetente Anleitung, denn man kommt sich ja selbst schon irritiert genug vor.

Hier spielt auch die bekannte Thematik hinein, dass medizinische Erkenntnisse bis heute auf männlichen Körperkonstellationen basieren. Und da gibt es schlichtweg keine vergleichbaren Symptome während den Wechseljahren, die einen Rückschluss auf uns Frauen ermöglichen würden. Das Bewusstsein, das ein weiblicher Körper anders funktioniert als ein männlicher Körper, ist erst im Lauf der letzten paar Jahre entstanden und führt hoffentlich dazu, dass Frauengesundheit inklusive der Wechseljahrsymptome einen neuen Stellenwert bekommt.

Doch es liegt nicht nur an der Medizin, dass die hormonellen Veränderungen und einhergehenden Auswirkungen im Leben einer Frau keinen hohen Stellenwert erhalten. Es liegt auch an uns selbst. Auch für uns ist es schwierig, diese Phase anzuerkennen und mit den Veränderungen klarzukommen. Die Wechseljahre sind leider immer noch das Synonym für sichtbares Altern und davon will man mit 40 ganz und gar nichts hören. Man will weiterhin den Erwartungen von Familie und Partner und auch von sich selbst gerecht werden, und als jung, schön und ausnahmslos leistungsfähig wahrgenommen werden.

Es wird also verdrängt, wir verschweigen die beginnenden Anzeichen, überlasten uns und wundern uns, warum es nur schlimmer wird anstatt besser. Wir wollen nicht einmal mit unserer besten Freundin darüber reden, weil wir uns genieren und ja auch nicht sicher sind, ob‘s denn nun schon die ersten Anzeichen der Wechseljahre sind. Dabei wette ich darauf, dass die beste Freundin mit ähnlichen Themen kämpft und auch keine Schwäche zeigen will. Und das Gespräch mit unserer Mutter ist meist auch nicht zielführend, da die meisten hilflos mit den Schultern zucken und einen mit einem „Das ist halt so“ stehen lassen, ohne es böse zu meinen.

UND WIE SOLL ICH DENN JETZT DAMIT UMGEHEN?

Ihr werdet es ahnen, sich frühzeitig mit den Themen der Perimenopause zu beschäftigen lohnt sich. Es eröffnet uns wirklich neue Möglichkeiten und erleichtert die Schritte, die in den folgenden Phasen bis zur Postmenopause wichtig sind. Hier geht es nicht nur um ein oberflächliches Unwohlsein, sondern um unsere Gesundheit, die wir im Lauf der Wechseljahre beeinflussen können.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, der auf jeden Fall einen eigenen Blog-Beitrag verdient. Jetzt beschäftigen wir uns erst einmal mit konkreten Schritten während der Perimenopause:

Mach es dir bewusst!

Achtung, wichtig! Auch wenn es abgedroschen klingt, es ist wahr. Der Weg zu mehr Klarheit geht übers Beobachten und Wahrnehmen. Du musst erst einmal herausfinden, was dich jetzt eigentlich plötzlich plagt, wie sich das anfühlt und wie oft das vorkommt. Alles beginnt meistens mit einer Reihe an Gefühlen, die man selbst nicht genau fassen kann oder man fühlt sich unwohl in seinem Körper, obwohl eigentlich kein Anlass dafür besteht. Mach dir das bewusst und schieb es nicht unbeachtet zur Seite, denn nichts ist kontraproduktiver, als sich selbst nicht ernst zu nehmen und etwas herunterzuspielen.

Eine hilfreiche Strategie kann sein, sich regelmässig in seinen Körper einzuchecken und einfach mal abwarten was dabei passiert. Idealerweise hast du dafür ein paar Minuten Ruhe und kannst dich auf dich konzentrieren. Mach einen Bodyscan, indem du gedanklich deinen ganzen Körper wahrnimmst und mal herausfindest, wie es denn so um die einzelnen Körperteile bestellt ist. Es handelt sich hierbei um eine Übung aus der Achtsamkeit und du findest dazu auch eine Reihe an geführten Übungen im Netz. Und ja, das muss man erst lernen und üben, doch es hilft dabei, dich besser zu verstehen.

Führe Buch über die Veränderungen deines Zyklus, über Schmerzen, Schwindel, PMS, etc. Meist glaubt man, dass man sich beim Arzt dann schon an alle Beschwerden erinnern kann, doch weit gefehlt. Schreib es auf, in dein Journal oder in eine App, egal wie – mach es!

Denn wenn du deine Beschwerden kennst und beschreiben kannst, kannst du auch klarer mit anderen darüber reden. Und auch für dich wird es vom Hirngespinst zur Tatsache und gewinnt dadurch an Wichtigkeit.

Such dir die richtige ärztliche Unterstützung!

Jetzt ist die beste Zeit, um sich vertrauenswürdige und kompetente ärztliche Unterstützung zu holen. Suche das Gespräch mit deinem*r Hausärzt*in oder Gynäkolog*in und erzähle ihnen wie es dir geht. Hast du noch einen Kinderwunsch? Dann gehe es jetzt an und warte nicht länger.  Solltest du dich beim ärztlichen Gespräch komisch vorkommen oder fühlst du dich nicht ernst genommen, dann denk darüber nach, dir jemand neues zu suchen. Es lohnt sich! Du wirst in den nächsten Jahren über einige eigentümliche Symptome sprechen und Entscheidungen für deine Gesundheit treffen müssen und dabei braucht man eine fähige Vertrauensperson an seiner Seite.

Hole dir bereits jetzt den Rat der Expert*innen, denn jetzt legst du den medizinischen Grundstein für die weiteren Phasen der Wechseljahre. Es ist hilfreich, wenn du jetzt dein Hormonlevel bestimmen lässt, das passiert über eine Blutabnahme. Wichtig hierbei ist der richtige Zeitpunkt, die Blutabnahme sollte nämlich in der Hochphase deines Zyklus stattfinden, als dann, wenn du dich hormonell am wohlsten fühlst. Das ist so zwischen dem 5. und 7.  Tag der Fall. Je nach Ergebnis kannst du mit deinem*r Ärzt*in bereits erste Massnahmen besprechen und einleiten.

Achte auf Ernährung und Sport!

Ja, jetzt ist es langsam an der Zeit, seine Gewohnheiten bei Essen und Bewegung zu überdenken. Vielleicht hast du schon gemerkt, dass deine bisherigen Essgewohnheiten plötzlich andere Auswirkungen haben als früher. Obwohl du das gleiche isst wie früher, nimmst du zu oder zumindest nicht ab. Willkommen in der Prämenopause. Dein sich jetzt ändernder Hormonhaushalt sorgt dafür, dass du Nahrung anders verarbeitest als in deinen 20ern. Plötzlich kann zu viel Fast Food und Nudeln zu einem rasanten Gewichtsanstieg führen und das Glas Rotwein sorgt unerwartet für einen dusseligen Kopf am nächsten Morgen.

Hier darfst du auf ein Neues herausfinden, was für dich funktioniert und was nicht. Die Prioritäten neu auf pflanzliche Ernährung zu legen ist sicher ein lohnender Ansatz. Reduziere Lebensmittel, die deinen Insulinspiegel nach oben treiben, denn das führt zu Fettaufbau – vor allem in der Bauchregion.

Achte zudem auf deinen tägliche Wasserzufuhr. Wenn du genügend trinkst, reduzierst du deinen Hunger und scheidest Giftstoffe besser aus. Ich weiss, dass mit dem Trinken ist so eine Sache. Bei mir funktioniert am besten die gefüllte Wasserflasche in Sichtweite, andere wiederum schwören auf einen Trink-Alarm via Smartphone. Und nur um es kurz erwähnt zu haben, Säfte, Limonaden oder Eistee sind nicht geeignet, um deinen Durst dauerhaft zu stillen, denn sie enthalten unnötige Kalorien. 

Doch bitte lass Essen und Trinken nicht zu etwas Schwierigem werden. Vergiss nicht bewusst zu Geniessen, den das macht dein Midlife schliesslich aus. Es soll Spass machen!

Dasselbe gilt für die Bewegung. Entkopple Sport vom Essen und bewege dich, um deinem Körper etwas Gutes zu tun, nicht nur um Gewicht zu reduzieren. Es macht Sinn sich spätestens jetzt Gedanken über Muskelaufbau – bzw. erhalt zu machen. Unsere Knochensubstanz und unsere Muskeln werden schneller abgebaut, wenn wir sie nicht belasten, daher machen Übungen mit deinem Körpergewicht oder Hanteln jetzt absolut Sinn.

Bitte mach dir bewusst, dass du erst am Anfang deiner Wechseljahre stehst. Alles, was du bereits jetzt investierst, macht es dir im weiteren Verlauf einfacher und die Überraschungen halten sich in Grenzen, da du schon vorbereitet bist.

FAZIT

Suche dir kompetente medizinische Unterstützung und fang schon jetzt mit kleinen Schritten an vorzusorgen. Es ist dein Körper und dein Recht auf Gesundheit!

Und am wichtigsten: rede darüber. Rede mit deinen Freundinnen, Arbeitskolleginnen und allen Frauen aus deiner Familie. Lerne von den anderen und teile deine Erfolgsstrategien. Denn Unterstützung macht den Unterschied.

Was sind deine Erfahrungen mit der Prämenopause? Hast du Fragen oder Anmerkungen? Dann schreib mir deine Geschichte in den Kommentaren oder per Mail unter kontakt@martinabraun.ch

WARUM IST FREUNDSCHAFTEN SCHLIESSEN IM ERWACHSENENALTER PLÖTZLICH SO SCHWIERIG?

Diese Frage begleitet mich nun schon beinahe mein gesamtes Erwachsenenleben. Je nachdem wie beschäftigt ich gerade bin, habe ich Phasen, in denen ich mich nach Freundschaften sehne und Phasen, wo ich ganz gut ohne klarkomme. Die Vorstellung, mich Jemandem nicht erklären zu müssen, so sein zu dürfen, wie ich wirklich bin, ohne dass ich mir wie bei einem permanenten Bewerbungsgespräch vorkomme, das ist für mich die Idealvorstellung einer Freundschaft. Im Besten Fall mit einer Person, die genauso durchgeknallt ist wie ich und mit der ich einen gepflegten Lachflash teilen kann, ohne mir dabei über meinen dämlichen Gesichtsausdruck und die verschmierte Wimperntusche Gedanken machen zu müssen.

Doch solche Menschen sind zumindest nach meiner Erfahrung eher schwer zu finden und je älter wir werden, umso schwerer und umständlicher fühlt es sich an, solche Freundschaften aufzubauen. Aber warum ist das so? Sind wir nicht alle irgendwie auf der Suche nach Gleichgesinnten, denen wir uns ab und zu anvertrauen können oder einfach nur mal spontan einen Prosecco stürzen können? Wenn ja sollte das mit dem Freundschaft schliessen doch nicht so schwer sein, oder? Und warum ist uns das überhaupt so wichtig?

Wieviel Freundschaft braucht der Mensch?

Wir Menschen sind soziale Wesen und suchen das Gefühl, Teil von etwas Grösserem zu sein. Das kann uns durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe vermittelt werden. Der Wunsch nach sozialer Akzeptanz ist in jedem von uns verankert, natürlich in unterschiedlicher Intensität, doch wir alle suchen nach Anerkennung, Sicherheit und dem Gefühl, gebraucht zu werden. Und ganz früher waren die Überlebenschancen einfach größer, wenn wir Teil einer Herde waren.

Dieser Aspekt ist nun heutzutage wohl eher zweite Priorität, denn in unseren Breitengraden muss niemand mehr den täglichen Kampf mit gefährlichen Tieren fürchten oder sein Essen mühsam selbst im Wald sammeln. Im Gegensatz dazu haben aber unsere emotionalen und mentalen Bedürfnisse zugenommen, die durch eine Freundschaft erfüllt werden können. Unsere Welt ist auf eine neue Art zum Kampf geworden, der sich leichter führen lässt, wenn einem jemand zur Seite steht.

Vielleicht kennt jemand von euch den britischen Evolutionspsychologen Robin Dunbar, der sich ausgiebig mit dem Thema Freundschaft beschäftigt hat. Von Ihm stammt zum Beispiel die Dunbar-Zahl, die beschreibt, wie viele zwischenmenschliche Beziehungen wir in der Lage sind auf einem gewissen Niveau zu managen.

Das sieht im Detail so aus:

Deine Sippe – das persönliche Netzwerk

Die maximale Anzahl an sozialen Kontakten, die wir aufrechterhalten können, liegt bei 150. Wichtig zu wissen ist, dass es sich dabei um reale Kontakte handelt und nicht virtuelle Follower in den sozialen Medien. Wir schaffen es also mit 150 Menschen auf irgendeine Art und Weise vertrauter zu interagieren. Doch das ist nicht automatisch eine Freundschaft, sondern gilt eher als nähere Bekanntschaften. Wenn wir jemanden aus der Sippe treffen, erinnern wir uns an seinen Namen, wissen um sein soziales Umfeld und tauschen oberflächliche Nettigkeiten aus. That’s it!

Dein Clan – das nähere Netzwerk

Beim Clan handelt es sich um eine Gruppe von 50 Menschen, die du bereits als Freund*innen bezeichnen würdest. Bei den Menschen dieser Gruppe fühlst du dich schon sicher genug, um persönliche Details auszutauschen und du traust dich, deine emotionale Mauer um dich herum etwas einzureissen. Man verabredet sich ins Kino oder ins Theater und erzählt sich von den täglichen Struggles im Job und den nächsten Urlaubsplänen.

Deine guten Freund*innen – die Sympathiegruppe

Wir sind in der Lage 15 Menschen als Gruppe von guten Freund*innen gerecht zu werden. Das sind die Personen, mit denen wir einen Samstagabend beim ESC mit Bier und Chips verbringen können, ohne uns zu schämen. Diese Freund*innen rufen wir an, wenn wir Zuneigung suchen und viel wichtiger, wenn wir Hilfe brauchen.

Dein innerer Kreis – die Supportclique

Das sind deine „Magic 5“. Diese Personen sind deine persönliche Support-Gruppe, die Menschen, die dir zujubeln, wann immer es nötig ist. Mit diesen Herzensmenschen kannst du den ESC nicht nur kucken, sondern auch betrunken lauthals mitsingen, ohne dir irgendwelche Gedanken darüber machen zu müssen – zwischen euch passt kein Blatt! Ihr schwingt auf der gleichen Frequenz, eure Interessen und – sehr wichtig - eure Werte decken sich.

So und wenn‘s jetzt einigen von euch so geht wie mir, dann denkt ihr gerade, wie um Gottes willen, soll ich 150 Leute kennenlernen und 5 davon auch noch in meinen inneren Kreis bemühen? Keine Panik, die Zahlen zeigen jeweils das Maximum an Menschen, denen wir die nötige Aufmerksamkeit schenken können, die für die jeweilige Gruppe nötig ist. Es müssen auch nicht immer nur „Fremde“ Bestandteil dieses Umfelds sein, es können auch Familienmitglieder zu der einen oder anderen Gruppe gehören.

Bitte vergesst auch nicht, dass nicht jeder mit genau 15 guten Freund*innen oder den „Magic 5“ gesegnet ist, sehr oft sind es eher weniger. Das ist immer abhängig von deiner verfügbaren Energie und der Qualität deiner Freundschaften. Manchmal ist weniger mehr und das ist absolut ok!

Was brauchts für eine Freundschaft?

Könnt Ihr euch noch erinnern, wie Ihr als Kinder Freundschaften geschlossen habt? Nein? Ich auch nicht. Freundschaften waren nämlich plötzlich einfach da oder einfach wieder weg und die meisten von uns haben sich nicht permanent den Kopf darüber zerbrochen, ob wir jemals wieder einen Freund oder eine Freundin finden. Es gab fast keine Vorbehalte gegenüber anderen Menschen und neue Freundschaften ergaben sich dadurch von selbst.

Und dann wurden wir erwachsen. Wir wechselten die Schulen, gingen zur Uni, entwickelten unsere Persönlichkeiten und Komplexe und damit unsere Ängste. Vielleicht wurden wir bereits das eine oder andere Mal von Menschen enttäuscht und verletzt, wodurch wir nicht gerade freizügiger mit unserem Vertrauen geworden sind. Und hier wird’s dann schwierig, denn der Aufbau einer Freundschaft braucht zumindest ein kleiner bisschen an Vertrauen und Offenheit.

Damit eine Freundschaft zustande kommen kann, muss folgendes passieren:

Wichtig also ist die Freiwilligkeit. Du solltest die Zeit mit der anderen Person verbringen wollen und das muss auch auf Gegenseitigkeit beruhen, also ihr müsst das beide wollen. Das erklärt vielleicht auch, warum du und dein Bürokollege nie richtige Freunde werdet, denn dabei ist meist wenig Freiwilligkeit und vielleicht auch wenig Gegenseitigkeit involviert. Es braucht einen sogenannten Kontext-Shift mit der Person, also eine bewusste Entscheidung auch ausserhalb eines gegebenen Umfeldes Dinge zusammen erleben zu wollen. Ohne das geht’s nicht.

Tja und hier wird’s für uns Erwachsene schon schwierig. In einem Erwachsenenleben ist neben Job, Familie, Hobbies und mental breakdown per se schon ziemlich wenig Zeit übrig. Nach 40 - 60 Stunden gemeinsam verbrachter Zeit kann man von Gelegenheitsfreund*innen reden, dann entwickeln sich aus Bekanntschaften lockere Freundschaften.

Von der Sippe zum Clan, du erinnerst dich? Und jetzt rechne mal nach, wieviel Stunden das ergibt. Im Clan sind theoretisch bis zu 50 Personen. Puh, das summiert sich! Haben wir den Wunsch, jemanden noch näher in den inneren Kreis zu holen, braucht es sogar eine ganze Menge mehr an Stunden. Um das zu erreichen, müssen wir in über 200 gemeinsame Stunden investieren. Das ist eine ganze Menge und zeigt, dass der Aufbau von Freundschaften mit ziemlichen Bemühungen verbunden ist und seine Zeit braucht.

Freundschaft kann entstehen, wo gleich und gleich aufeinandertrifft. Der Umgang mit Menschen, mit denen wir lachen, weinen und politisieren können, fällt uns von Anfang an leichter und gibt uns Sicherheit. Man teilt Gedanken und Erlebnisse, muss sich nicht verstecken und wir trauen uns eher, unsere verletzliche Seite zu zeigen. Das Beste an einer Freundschaft ist doch, nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen und zu wissen, dass man nicht verurteilt wird. Und was ist schöner als mit jemandem seine Begeisterung fürs Hobby Horsing zu teilen.

Freundschaften und das Alter!

Es ist keine Seltenheit, dass der Freundeskreis im Alter kleiner wird. Unsere Prioritäten ändern sich, wir gründen eine Familie, wechseln den Job und ziehen in eine neue Stadt. Um eine bestehende Freundschaft durch diese Veränderungen zu erhalten, braucht es beiderseitig ziemliche Bemühungen, welche leider den Erhalt der Freundschaft nicht immer garantieren. Ausserdem werden wir bei vielem selektiver, so auch unseren zwischenmenschlichen Beziehungen und legen eher mehr Wert auf Qualität als Quantität, denn uns wird wichtiger, dass Beziehungen glücklich machen.

Unsere Erwartungen an eine Erwachsenen-Freundschaft sind anders als im jugendlichen Alter. Wir suchen tiefere und sinnhafte Gespräche und unsere Überzeugungen müssen viel eher übereinstimmen als früher. Unsere Kompromissbereitschaft wird grundsätzlich kleiner, so auch bei unseren Freundschaften. Vielleicht ist es auch ein bisschen unsere neu entwickelte Sturheit oder das neue Bewusstsein für unsere Bedürfnisse, dass uns vorsichtiger und kritischer in Bezug auf Andere werden lässt. Unsere freie Zeit ist schlicht zu kostbar, um sie mit halbherzigen Begegnungen zu verbringen. Und auch das ist völlig ok!

Tatsache ist, dass reale Freundschaften für Erwachsene nicht weniger wichtig sind als im jungen Alter. Darum sollten wir dieses Thema nicht vernachlässigen und sollten offen für neue Begegnungen bleiben.

Na und wie schliesse ich jetzt neue Freundschaften?

Versuchs mal Folgendes:

Wir haben gelernt, dass Freundschaften nicht von selbst entstehen, egal in welchem Alter. Wir tun uns als Erwachsene einfach schwerer, denn wir versuchen den Entstehungsprozess einer Freundschaft zu beschleunigen und machen uns tausend Gedanken darüber, was dabei alles schief gehen könnte. Und ich weiss, auch für mich gibt’s nichts Schlimmeres als die Vorstellung mich vor anderen lächerlich zu machen. Ich hasse das und trotzdem ist es mir schon tausendmal passiert. Tja und jetzt rate mal, ich hab‘s jedes Mal überlebt. Also geh es langsam an und gib der Sache seine Zeit. Etwas zu erzwingen bringt dich hier nicht weiter und macht dich nur unsympathisch.

Damit meine ich nicht, dass dein erster Eindruck so perfekt wie möglich sein sollte, sondern beobachte die Stimmung bei neuen Begegnungen oder die Schwingungen bei bestehenden Bekannten. Fühlst du dich während des Gespräches wohl, habt ihr Gemeinsamkeiten und könnt Ihr auf Anhieb zusammen lachen?

Sympathie ist unverzichtbar, um überhaupt in die Sippe zu gelangen und vor allem für den weiteren Weg in die "Magic 5". Man merkt meist in den ersten Minuten, ob das gegenüber sympathisch ist, doch manchmal brauchts auch eine zweite Chance.

Und nicht vergessen, wir können nicht jeden mögen. Es ist völlig ok, wenn es keine oder nur eine einseitige Resonanz gibt. Dann darf man das zur Kenntnis nehmen und sich höflich zurückziehen.

Wir haben die Fähigkeit, je nach Zusammensetzung des Umfeldes und auch abhängig von der eigenen Stimmungslage, unterschiedliche Rollen von uns zu geben. Dann zeigen wir nur ausgewählte Facetten von uns, lachen leiser als sonst, reden umständlicher oder nehmen eine andere Körperhaltung ein. Wenn du mit deinen Freund*innen zusammen bist, sollte das kein Thema sein.

Drum stell dir die Frage: zeigst du dein richtiges Du, wenn du mit der anderen Person zusammen bist?

Sich so zu geben, wie man ist, setzt ein gewisses Vertrauensverhältnis voraus, jedoch das bedeutet nicht, dass du von Anfang an jede chaotische Facette von dir ausleben solltest, denn das könnte die Entwicklung der Freundschaft nachhaltig beeinträchtigen. Doch vertraust du deinem Gegenüber genug, dass du dich im Laufe der Zeit immer mehr zeigen kannst? Eine zwischenmenschliche Beziehung kann nur funktionieren, wenn du dich dabei wohl fühlst.

Nichts ist schöner, als gemeinsam etwas zu erleben und sich gemeinsam daran erinnern zu können. Geht zu Konzerten, ins Theater, macht Sport zusammen oder besucht einen Kochkurs. Egal was, gemeinsame Aktivitäten schweissen zusammen.

Am besten schafft ihr euch eine gemeinsame Routine, dann ist das Thema mit der Freiwilligkeit und den investierten Stunden auch schon erledigt.

Ja ich weiss, evil eye rolling! Was für'n blöder Tipp und auch für mich jedes Mal echt schwierig. Doch hier kannst du an dir arbeiten und wirklich einen Unterschied kreieren.  Meine Kompetenz in Bezug aufs Kontakte knüpfen könnte man als dürftig bezeichnen und Situationen in einem unbekannten sozialen Umfeld konfrontieren mich jedes Mal wieder mit meinen Ängsten.

Ja, es sind gleich mehrere und ich habe mir irgendwann die Mühe gemacht diese zu erarbeiten und zu verstehen. Das hat das Kontakteknüpfen nicht einfacher gemacht, aber ich weiss jetzt wenigstens, wie ich mit den Ängsten umgehen kann und was es damit auf sich hat. Schreib deine Gedanken und Gefühle in Bezug auf das Kontakte knüpfen auf und geh wirklich in die Tiefe, um herauszufinden, was dich abhält. Nur wenn du dir deiner Angst bewusst bist, kannst du auch etwas daran ändern.

Vor ein paar Jahren hatte ich tatsächlich einen Mutanfall und habe mich bei einer App registriert, bei der man Bekanntschaften bei unverbindlichen Freizeitaktivitäten schliessen kann. Nach der Teilnahme bei einer solchen Veranstaltung ist tatsächlich die Freundschaft mit zwei Frauen entstanden, die ich sehr bereichernd finde. Ich bin zwar vorher tausendmal gestorben, doch es hat sich gelohnt!

Manchmal schaffen wir es nicht allein, unsere Beweggründe zu hinterfragen und unsere Muster zu ergründen, geschweige denn, diese nachhaltig zu verändern.

Dann ist es sehr bereichernd, sich Unterstützung zu holen.

Bist du bereit gehört zu werden? Dann lass und reden!

Was sind deine Erfahrungen mit Freundschaften schliessen? Hast du Fragen oder Anmerkungen? Dann schreib mir deine Geschichte in den Kommentaren oder per Mail unter kontakt@martinabraun.ch